Fixiertes Vermittlungsangebot, born digital
Born digital TEI Dokument zur Beschreibung eines Erinnerungsortes bzw. Erinnerungszeichens.
Erinnerungszeichen markieren Erinnerungsorte und machen sie in der Öffentlichkeit sichtbar. Sie sind ein sichtbarer Verweis auf Ereignisse, Erfahrungen und Verbrechen, die der Nationalsozialismus und Faschismus zu verantworten haben und sind intentionaler Ausdruck der Erinnerungskultur einer bestimmten Gruppe. Sie können physische oder virtuelle Manifestationen sein. Zur genaueren Bestimmung und Analyse werden die einzelnen Erinnerungsorte/Erinnerungszeichen durch spezifische Kriterien genauer klassifiziert und mit Information angereichert. Hierbei kann es zu Überlappungen und in manchen Fällen zu Unschärfen kommen, weshalb teils Mehrfachzuordnungen in den einzelnen Kategorien vorgenommen werden.
Die digitale Erinnerungslandkarte Österreichs (DERLA) ist ein Dokumentations- und Vermittlungsprojekt. Es dokumentiert die Erinnerungsorte und -zeichen an die Opfer sowie die Orte des Terrors des Nationalsozialismus in Österreich und setzt sich die kritische Auseinandersetzung mit Nationalsozialismus und Faschismus und der Erinnerung daran zum Ziel. Die ständig neu zu stellenden Fragen, was, wann, wo und von wem wie erinnert wurde und wird, geben Einblicke in die Transformationen der Auseinandersetzungen mit dem Nationalsozialismus und sind Ausdruck unseres politischen und gesellschaftlichen Selbstverständnisses in der Gegenwart. „Gedächtnisorte“, Denk- und Mahnmäler, Gedenktafeln, Gedenkstätten sowie Straßenbezeichnungen nach WiderstandskämpferInnen und Opfern des NS-Regimes sind die Materialisationen des Geschichtsbewusstseins im Alltag. Der Blick auf die Erinnerungslandschaft in der Gegenwart gibt daher zum einen Einblick in das kollektive Gedächtnis der österreichischen Gesellschaft und zum anderen legt die Beschäftigung mit ihrer Entstehungsgeschichte die Konjunkturen dieser Beschäftigung offen.
Institutionelle und Personale Rollen taxonomie
Datums Taxonomie
Die Beschäftigung mit dem Erinnerungszeichen von Jochen Gerz im Burgtor soll zur Reflexion der Bedeutung des öffentlichen Erinnerns an den Nationalsozialismus anregen. Die Auseinandersetzung mit dem Denkmal soll den SchülerInnen deutlich machen, wie künstlerische Interventionen die Erinnerungskultur in einer Stadt bereichern und den öffentlichen Raum zum Aushandlungsort von gesellschaftspolitischen Debatten machen können.
Stadt Graz (8010)
30–45 Minuten, eignet sich für Supplierstunde
13–18 Jahre
Klassenraum bzw. (besser) öffentlicher Raum
Wenige Meter vom
„Befreiungsdenkmal“
entfernt, am „Burgtor“, wurde am 09.12.2008 das von Jochen Gerz geschaffene Erinnerungszeichen „Ich Sigfried Uiberreither Landeshauptmann“ enthüllt. Das Projekt geht auf einen einstimmigen Beschluss im Steiermärkischen Landtag zurück, einen
Erinnerungsort
für die Opfer des Nationalsozialismus zu schaffen. Der bewusst gewählte Ort schlägt eine Brücke zur Vergangenheit, da die Grazer Burg sowohl im Nationalsozialismus als auch heute noch als Sitz des Landeshauptmanns fungiert(e).
An der Realisierung dieses Projektes kann man eine Neudefinition des Denkmalbegriffs erkennen, da Gerz als Denkmaltypus keine Gedenktafel wählte, sondern eine Inschrift in einem Bogen des mittelalterlichen Grazer Burgtors anbrachte, mittels derer PassantInnen direkt vom
NS-Gauleiter und Landeshauptmann Sigfried Uiberreither
angesprochen werden. Eindringliche Fragen richten sich über die gesamte Spannbreite des Torbogens an die Vorübergehenden und „zwingen“ sie zum Erinnern.
Das ungewöhnliche Erinnerungszeichen im Burgtor kann aufgrund seiner Gestaltung eine intensive Diskussion darüber anstoßen, warum öffentliches Erinnern für eine Gesellschaft wichtig ist. Durch die Beschäftigung mit Jochen Gerz‘ Erinnerungszeichen soll den SchülerInnen das gesellschaftspolitische Potenzial von Erinnerungszeichen bewusst werden.
Der erste Auftrag dient der genauen Rezeption des Erinnerungszeichens und soll – wie auch Auftrag 2 – die vertiefte Beschäftigung der SchülerInnen mit dem ehemaligen Gauleiter und Landeshauptmann anregen. Auftrag 3 will die Reflexion der Idee Jochen Gerz‘ anstoßen. Durch die beiden abschließenden Arbeitsaufträge sollen die SchülerInnen zur Entwicklung eines eigenen Urteils über das Erinnerungszeichen geleitet werden.
Passant, willst du wissen, wo du stehst? Willst du wissen, Unschuldiger, wer du bist? Wie du dich krümmst, wenn du der Macht verfällst, zu ihrem Spielball und Opfer wirst? Willst du wissen, wie du vor Schmerz schreist? Ich, Sigfried Uiberreither alias Friedrich Schönharting, ging hier vom 9. Juni 1938 bis 31. März 1940 meiner Arbeit nach. Ich brachte als Landeshauptmann der Steiermark und in der Ausübung meiner sonstigen Ämter viele Menschen um. Ich tat es nicht alleine. Ich tat es nicht selbst. Ich hatte Mitarbeiter. Wenn du durch das Tor gehst, schäme dich nicht nur für mich. Wer suchte nach mir? Wer stellte mich vor Gericht? Warum hast du geschwiegen? Wer hat dich zum Komplizen gemacht?
Inschrift des Denkmals, gestaltet von Jochen Gerz