DERLA |

VERFOLGUNG UND WIDERSTAND
IM NATIONALSOZIALISMUS
DOKUMENTIEREN UND VERMITTELN

Digitale Erinnerungslandschaft



Geisteswissenschaftliches Asset Management System



Friedhof, Grazer Straße, 8680 Mürzzuschlag
Beschreibung: Die SchülerInnen setzen sich vertieft mit der Biografie eines im Nationalsozialismus Verfolgten auseinander und erarbeiten sich dadurch eine weitere Perspektive auf den Kontext Verfolgung und Widerstand.
Ort: Mürzzuschlag (8680)
Zeitbedarf: 30–45 Minuten, eignet sich für Supplierstunde
Alter: 13–18 Jahre
Vermittlungsort: Klassenraum


Verbundene Orte:




Mehr Erfahren

Am Friedhof in Mürzzuschlag errichtete der KZ-Verband Mürzzuschlag einen symbolischen Grabstein für den 1942 in Auschwitz ermordeten Widerstandkämpfer Franz Riegler. 1979 wurde ebenfalls auf Initiative des KZ-Verbandes in Mürzzuschlag auch eine Gasse nach Franz Riegler benannt. Mitglied der Arbeiterbewegung Franz Riegler wurde 1915 in Spital am Semmering geboren. Er wuchs in Mürzzuschlag auf und gehörte von früher Kindheit an verschiedenen Vereinen der Arbeiterbewegung an. Zunächst war er Mitglied der Kinderfreunde und später der Sozialistischen Arbeiterjugend. Nach dem Verbot der Sozialdemokratischen Partei und ihrer Organisationen in Folge der Februarkämpfe 1934 trat er dem illegalen Kommunistischen Jugendverband (KJV) bei. Nach der Schule erlernte er das Schuhmacherhandwerk, wurde aber 1933 im Zuge der Wirtschaftskrise arbeitslos. Riegler betätigte sich nach seinem Beitritt zum KJV gemeinsam mit Johann Freidorfer 1934/35 aktiv im Widerstand gegen das austrofaschistische Regime , weshalb er und Freidorfer vom Kreisgericht Leoben 1935 wegen des Verbrechens des Hochverrats zu einem Jahr Kerker verurteilt wurden. Da Riegler und die anderen Jugendlichen begeisterte Sportler waren, traten sie 1936 dem Allgemeinen Turn- und Sportverein in Mürzzuschlag bei. Riegler und Freidorfer organisierten im Auftrag der Wiener Leitung des KJV innerhalb des Turnvereins eine Gruppe politisch interessierter Jugendlicher, die nicht nur gemeinsam turnten und wanderten, sondern auch politisch diskutierten. Aus dieser Gruppe ging später die gegen die Nationalsozialisten aktive Widerstandsgruppe des KJV in Mürzzuschlag hervor. Schon bald nach dem „Anschluss“ 1938 kam von der Führung des KJV aus Wien die Aufforderung, die kommunistische Jugendorganisation in Mürzzuschlag wieder aktiv werden zu lassen. Riegler informierte seine Freunde aus dem Turnverein darüber. Sie trafen sich, machten gemeinsame Ausflüge, bei denen sie die politische Lage diskutierten, informierten einander, was sie in den deutschsprachigen Sendungen aus Moskau gehört hatten, und sammelten Mitgliedsbeiträge ein. Als es zu Jahresende 1938 in Mürzzuschlag zu den ersten Verhaftungen von NS-Gegnern kam, sammelten sie zudem Spenden für die Angehörigen der Verhafteten. Nach der Übersiedlung von Freidorfer im September 1938 nach München übernahm Riegler die Führung des KJV. Gestapo – Gericht – Auschwitz Am 27. Juni 1939 verhaftete die Gestapo Franz Riegler wegen kommunistischer Betätigung. Die Verhaftung traf ihn Mitte in den Vorbereitungen zu seiner Hochzeit, wie seine Braut Milla berichtete: „Endlich war es so weit. Franzl hatte eine kleine Wohnung bekommen und wir konnten zusammen wohnen. Das Aufgebot wurde bestellt. Nur noch drei Tage und wir sind Mann und Frau. Ja, so hätte es kommen können, wenn Franzl nicht von der Gestapo geholt und verhaftet worden wäre.“ (Bericht von Milla Urisk für ein unveröffentlichtes Buch „Schicksalbuch der österreichischen Frau“ und Gespräch mit Milla Urisk, 10.11.1997.) Mit Franz Riedler wurden noch weitere Mitglieder des KJV Mürzzuschlag verhaftet und wegen Vorbereitung zum Hochverrat angeklagt. Der Politische Senat am Oberlandesgericht Graz verurteilte Franz Riegler am 29. November 1940 zu zwei Jahren und vier Monaten Zuchthaus. Johann Freidorfer bekam drei Jahre, die anderen Jugendlichen Strafen bis zu eineinhalb Jahren. Während außer Freidorfer und Riegler alle nach der Urteilsverkündung freigelassen wurden, da die Strafe bereits durch die Untersuchungshaft als verbüßt galt, musste Franz Riegler noch für einige Monate in Haft bleiben. Dass die Strafe nicht höher ausfiel, freut seine Verlobte: „Für uns war aber das schon eine Freude, weil wir jetzt mit dem Kalenderabstreichen beginnen konnten und der Oktober 1941 sollte Franzl die Freiheit bringen. Aber es kam wieder anders.“ (Bericht von Milla Urisk für ein unveröffentlichtes Buch „Schicksalbuch der österreichischen Frau“ und Gespräch mit Milla Urisk, 10.11.1997) Franz Riegler kam vom Zuchthaus Karlau in Graz wieder zur Gestapo, die ihn jedoch nicht entließ. In einem vom Leiter des Reichssicherheitshauptamtes in Berlin am 19. Dezember 1941 gezeichneten Schutzhaftbefehl heißt es in Bezug auf Riegler: „Er gefährdet nach dem Ergebnis der staatspolizeilichen Feststellungen durch sein Verhalten den Bestand und die Sicherheit des Volkes und Staates, indem er nach Strafverbüßung wegen hochverräterischer Betätigung erwarten lässt, er werde dem Reich, vornehmlich jetzt im Kriege, weiterhin auf jede erdenkliche Weise Schaden zuzufügen suchen.“ (Schutzhaftbefehl der Geheimen Staatspolizei gegen Franz Riegler, 19.12.1941.) Franz Riegler wurde zur Verbüßung der „Schutzhaft“ am 16. Jänner 1942 ins KZ Auschwitz überstellt. Aus Auschwitz schrieb Franz seiner Braut im Juli 1942 noch einen Brief, in dem er ihr versicherte, sie müsse sich zu Hause keine unnötigen Sorgen machen, „denn dazu ist kein Grund, ich gehe nicht unter, ich habe meine Lebenszuversicht und Gründe, welche Du ja von jeher kennst, auch hier bewahrt, wenn es auch manchmal schwer ist. (…) Die Zeit wird kommen, wo auch ich kein Schutzhäftling mehr bin, sondern als freier Mensch wieder in meine Heimat zurückkehren kann.“ (Brief von Franz Riegler, 12.7.1942. Abgedruckt in: Heimo Halbrainer, „In der Gewißheit, daß Ihr den Kampf weiterführen werdet”. Briefe steirischer WiderstandskämpferInnen aus Todeszelle und KZ, Graz 2000, S. 185.) Zwei Monate später erhielt seine Mutter aus Auschwitz die Todesmeldung, in der es hieß: „Ihr Sohn Franz meldete sich am 27.8.1942 krank und wurde daraufhin unter Aufnahme in Krankenbau in ärztliche Behandlung genommen. Es wurde ihm die bestmögliche medikamentöse und pflegerische Behandlung zuteil. Trotz aller angewendeten ärztlichen Bemühungen gelang es nicht, der Krankheit Herr zu werden.“ (Brief des Kommandanten des KZ Auschwitz an Frau Hölpling, 10.9.1942. Abgedruckt in: Halbrainer, „In der Gewißheit, daß Ihr den Kampf weiterführen werdet”, S. 185) Tatsächlich wurde Franz Riegler am 7. September 1942 in Auschwitz ermordet.



Literatur

  • <p>Am Friedhof in Mürzzuschlag errichtete der <ref target="https://gams.uni-graz.at/o:derla.didgloss#gloss216">KZ-Verband</ref> Mürzzuschlag einen symbolischen Grabstein für den 1942 in Auschwitz ermordeten Widerstandkämpfer Franz Riegler. 1979 wurde ebenfalls auf Initiative des KZ-Verbandes in Mürzzuschlag auch eine Gasse nach <ref target="http://gams.uni-graz.at/o:derla.sty16">Franz Riegler</ref> benannt.<lb></lb><emph style="bold">Mitglied der Arbeiterbewegung</emph><lb></lb>Franz Riegler wurde 1915 in Spital am Semmering geboren. Er wuchs in Mürzzuschlag auf und gehörte von früher Kindheit an verschiedenen Vereinen der Arbeiterbewegung an. Zunächst war er Mitglied der Kinderfreunde und später der Sozialistischen Arbeiterjugend. Nach dem Verbot der Sozialdemokratischen Partei und ihrer Organisationen in Folge der <ref target="https://gams.uni-graz.at/o:derla.didgloss#gloss209">Februarkämpfe 1934</ref> trat er dem illegalen Kommunistischen Jugendverband (KJV) bei. Nach der Schule erlernte er das Schuhmacherhandwerk, wurde aber 1933 im Zuge der Wirtschaftskrise arbeitslos. Riegler betätigte sich nach seinem Beitritt zum KJV gemeinsam mit <ref target="https://gams.uni-graz.at/o:derla.perssty#perssty32">Johann Freidorfer</ref> 1934/35 aktiv im Widerstand gegen das<ref target="https://gams.uni-graz.at/o:derla.didgloss#gloss10">austrofaschistische Regime</ref>, weshalb er und Freidorfer vom Kreisgericht Leoben 1935 wegen des Verbrechens des Hochverrats zu einem Jahr Kerker verurteilt wurden.<lb></lb>Da Riegler und die anderen Jugendlichen begeisterte Sportler waren, traten sie 1936 dem Allgemeinen Turn- und Sportverein in Mürzzuschlag bei. Riegler und Freidorfer organisierten im Auftrag der Wiener Leitung des KJV innerhalb des Turnvereins eine Gruppe politisch interessierter Jugendlicher, die nicht nur gemeinsam turnten und wanderten, sondern auch politisch diskutierten. Aus dieser Gruppe ging später die gegen die Nationalsozialisten aktive Widerstandsgruppe des KJV in Mürzzuschlag hervor.<lb></lb>Schon bald nach dem <ref target="https://gams.uni-graz.at/o:derla.didgloss#gloss4">„Anschluss“</ref> 1938 kam von der Führung des KJV aus Wien die Aufforderung, die kommunistische Jugendorganisation in Mürzzuschlag wieder aktiv werden zu lassen. Riegler informierte seine Freunde aus dem Turnverein darüber. Sie trafen sich, machten gemeinsame Ausflüge, bei denen sie die politische Lage diskutierten, informierten einander, was sie in den deutschsprachigen Sendungen aus Moskau gehört hatten, und sammelten Mitgliedsbeiträge ein. Als es zu Jahresende 1938 in Mürzzuschlag zu den ersten Verhaftungen von NS-Gegnern kam, sammelten sie zudem Spenden für die Angehörigen der Verhafteten. Nach der Übersiedlung von Freidorfer im September 1938 nach München übernahm Riegler die Führung des KJV. <lb></lb><emph style="bold">Gestapo – Gericht – Auschwitz</emph><lb></lb>Am 27. Juni 1939 verhaftete die <ref target="https://gams.uni-graz.at/o:derla.didgloss#gloss62">Gestapo</ref> Franz Riegler wegen kommunistischer Betätigung. Die Verhaftung traf ihn Mitte in den Vorbereitungen zu seiner Hochzeit, wie seine Braut Milla berichtete: <lb></lb>„Endlich war es so weit. Franzl hatte eine kleine Wohnung bekommen und wir konnten zusammen wohnen. Das Aufgebot wurde bestellt. Nur noch drei Tage und wir sind Mann und Frau. Ja, so hätte es kommen können, wenn Franzl nicht von der Gestapo geholt und verhaftet worden wäre.“ (Bericht von Milla Urisk für ein unveröffentlichtes Buch „Schicksalbuch der österreichischen Frau“ und Gespräch mit Milla Urisk, 10.11.1997.)<lb></lb>Mit Franz Riegler wurden noch weitere Mitglieder des KJV Mürzzuschlag verhaftet und wegen Vorbereitung zum Hochverrat angeklagt. Der Politische Senat am Oberlandesgericht Graz verurteilte Franz Riegler am 29. November 1940 zu zwei Jahren und vier Monaten Zuchthaus. Johann Freidorfer bekam drei Jahre, die anderen Jugendlichen Strafen bis zu eineinhalb Jahren. Während außer Freidorfer und Riegler alle nach der Urteilsverkündung freigelassen wurden, da die Strafe bereits durch die Untersuchungshaft als verbüßt galt, musste Franz Riegler noch für einige Monate in Haft bleiben. Dass die Strafe nicht höher ausfiel, freute seine Verlobte: <lb></lb>„Für uns war aber das schon eine Freude, weil wir jetzt mit dem Kalenderabstreichen beginnen konnten und der Oktober 1941 sollte Franzl die Freiheit bringen. Aber es kam wieder anders.“ (Bericht von Milla Urisk für ein unveröffentlichtes Buch „Schicksalbuch der österreichischen Frau“ und Gespräch mit Milla Urisk, 10.11.1997)<lb></lb><space></space>Franz Riegler kam vom Zuchthaus Karlau in Graz wieder zur Gestapo, die ihn jedoch nicht entließ. In einem vom Leiter des Reichssicherheitshauptamtes in Berlin am 19. Dezember 1941 gezeichneten Schutzhaftbefehl heißt es in Bezug auf Riegler:<lb></lb>„Er gefährdet nach dem Ergebnis der staatspolizeilichen Feststellungen durch sein Verhalten den Bestand und die Sicherheit des Volkes und Staates, indem er nach Strafverbüßung wegen hochverräterischer Betätigung erwarten lässt, er werde dem Reich, vornehmlich jetzt im Kriege, weiterhin auf jede erdenkliche Weise Schaden zuzufügen suchen.“ (Schutzhaftbefehl der Geheimen Staatspolizei gegen Franz Riegler, 19.12.1941.)<lb></lb>Franz Riegler wurde zur Verbüßung der <ref target="https://gams.uni-graz.at/o:derla.didgloss#gloss144">„Schutzhaft“</ref> am 16. Jänner 1942 ins <ref target="https://gams.uni-graz.at/o:derla.didgloss#gloss25">KZ Auschwitz</ref> überstellt. Aus Auschwitz schrieb Franz seiner Braut im Juli 1942 noch einen Brief, in dem er ihr versicherte, sie müsse sich zu Hause keine unnötigen Sorgen machen, „denn dazu ist kein Grund, ich gehe nicht unter, ich habe meine Lebenszuversicht und Gründe, welche Du ja von jeher kennst, auch hier bewahrt, wenn es auch manchmal schwer ist. (…) Die Zeit wird kommen, wo auch ich kein Schutzhäftling mehr bin, sondern als freier Mensch wieder in meine Heimat zurückkehren kann.“ (Brief von Franz Riegler, 12.7.1942. Abgedruckt in: Heimo Halbrainer, „In der Gewißheit, daß Ihr den Kampf weiterführen werdet”. Briefe steirischer WiderstandskämpferInnen aus Todeszelle und KZ, Graz 2000, S. 185.)<lb></lb>Zwei Monate später erhielt seine Mutter aus Auschwitz die Todesmeldung, in der es hieß: <lb></lb>„Ihr Sohn Franz meldete sich am 27.8.1942 krank und wurde daraufhin unter Aufnahme in Krankenbau in ärztliche Behandlung genommen. Es wurde ihm die bestmögliche medikamentöse und pflegerische Behandlung zuteil. Trotz aller angewendeten ärztlichen Bemühungen gelang es nicht, der Krankheit Herr zu werden.“ (Brief des Kommandanten des KZ Auschwitz an Frau Hölpling, 10.9.1942. Abgedruckt in: Halbrainer, „In der Gewißheit, daß Ihr den Kampf weiterführen werdet”, S. 185)<lb></lb>Tatsächlich wurde Franz Riegler am 7. September 1942 in Auschwitz ermordet.</p>