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VERFOLGUNG UND WIDERSTAND
IM NATIONALSOZIALISMUS
DOKUMENTIEREN UND VERMITTELN

Digitale Erinnerungslandschaft



Geisteswissenschaftliches Asset Management System



Radetzkystraße 8 - Radetzkybrücke - Grieskai - Griesplatz 2, 8010/8020 Graz
Beschreibung: Die SchülerInnen erkunden das als Weg angelegte Erinnerungszeichen vor Ort und setzen sich mit Fragen der individuellen, kommunikativen und kulturellen Gedächtnisbildung auseinander.
Ort: Stadt Graz (8010, 8020)
Zeitbedarf: ca. zwei Doppelstunden, eignet sich durch Zusatzoptionen auch für Projekttage
Alter: 13 - 18 Jahre
Vermittlungsort: Außerschulischer Lernort und Klasse


Verbundene Orte:




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Temporäre Installation der Künstlerin Catrin Bolt (in Zusammenarbeit mit dem Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark ) in Form eines Textbandes, aufgebracht in Blockschrift aus Straßenmarkierstoff auf den Gehsteig von der Radetzkystraße 8 über die Radetzkybrücke und den Grieskai bis zum Griesplatz 2. „Lauftext - Mahnmal“ wurde 2013 nicht nur Graz und den Menschen, die dort leben oder die Stadt besuchen, sondern auch der Zeit übergeben. Es ist Teil dieser künstlerischen Intervention , dass das Erinnerungszeichen sich verändert, beispielweise durch Straßenarbeiten, Witterungseinflüsse und Abnutzung durch FußgängerInnen, bis es sich irgendwann auflösen und nicht mehr sichtbar sein wird. Lange Abschnitte (Radetzkystraße, Radetzkybrücke; Griesplatz) sind bereits jetzt nicht mehr vorhanden. Für das Textband hat Catrin Bolt Ausschnitte aus den Lebenserinnerungen von Rabbiner David Herzog (1869–1946) an die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 ausgewählt und zusammengestellt. Diese Nacht und auch teilweise die Tage und Nächte davor und danach werden heute als Pogromnacht oder Novemberpogrom bezeichnet. David Herzog lebte seit 1907 in Graz, war Landesrabbiner für die Steiermark und Kärnten. Er lehrte an der Karl-Franzens-Universität sowie an verschiedenen Schulen in Graz. Zudem war er ein bedeutender Historiker der jüdischen Geschichte der Steiermark. Während des Novemberpogroms 1938 kam es zu organisierten Gewalttaten gegen die jüdische Bevölkerung, gegen Synagogen, Geschäfte und Betriebe von Jüdinnen und Juden sowie andere jüdische Einrichtungen im damaligen Deutschen Reich und den von ihm besetzten Gebieten. Diese Gewalttaten waren von bis dahin unvorstellbarem Ausmaß, und nicht nur der Staatsapparat sowie die NSDAP , sondern auch einfache Menschen gingen brutal in aller Öffentlichkeit gegen ihre jüdischen NachbarInnen vor. Das Ziel war die Radikalisierung der Verfolgung der jüdischen Bevölkerung und die Beschleunigung ihrer Vertreibung aus dem Reichsgebiet. Der Novemberpogrom gilt als extremes Ereignis in der Geschichte der Verfolgung der jüdischen Bevölkerung. David Herzog wurde, wie viele andere Jüdinnen und Juden, in dieser Nacht von Nationalsozialisten aus der seiner Wohnung geholt. Sie jagten ihn von der Radetzkystraße 8, wo er wohnte, durch die Stadt bis zum Griesplatz 2. Auf dem Weg dorthin wurde er beleidigt, gequält und mehrmals mit dem Tod bedroht. Vom Griesplatz wurde er mit dem Auto zum Stadtrand von Graz gebracht, schwer misshandelt und bewusstlos liegengelassen. Am nächsten Tag konnte er nach Graz zurückkehren und wurde wie alle anderen jüdischen Männer verhaftet. Wegen seiner schweren Verletzungen entging er der Deportation in das Konzentrationslager (KZ) Dachau. Ende 1938 musste David Herzog Graz mit wenigen persönlichen Sachen verlassen und er konnte nach Großbritannien emigrieren . In seinen Lebenserinnerungen, die er ab 1943 im Exil schrieb, berichtet er bewegend von seinen Erlebnissen, Erfahrungen sowie den Ereignissen in Graz im Jahr 1938.



Literatur

  • Catrin Bolt, Lauftext - Mahnmal, 2013, Universalmuseum Joanneum /Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark, URL: https://www.museum-joanneum.at/kioer/projekte/temporaere-projekte/events/event/2060/catrin-bolt (abgerufen am 6.11.2020).
  • Elisabeth Fieder/Institut für Kunst im Öffentlichen Raum Steiermark (Hg.), Mahnmal Lauftext von Catrin Bolt in Graz. Wien 2013.
  • Heimo, Halbrainer/Gerald Lamprecht, Gerald/Andreas Schweiger (Hg.), Meine Lebenswege. Die persönlichen Aufzeichnungen des Grazer Rabbiners David Herzog, Graz 2013.
  • Walter Höflechner (Hg.), David Herzog. Erinnerungen eines Rabbiners 1932-1940, auf der Grundlage einer Diplomarbeit von Andreas Schweiger, Graz 1992.