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Europa in der atlantischen Welt der Neuzeit

Politik (1750-1850)

Die in der europäischen Geschichtsschreibung als Sattelzeit bezeichnete Periode umfasst im atlantischen Raum und insbesondere in Amerika grundlegende politische Umwälzungen. Bereits der 7-jährige Krieg zählt hierzu, führte er doch zum Ende der französischen Kolonialherrschaft auf dem amerikanischen Kontinent. Der nun in Anglo- und Iberoamerika einsetzende Reformprozess des aufgeklärten Absolutismus, der eine stärkere Kontrolle der Mutterländer über ihre Kolonien und deren Nutzbarmachung für die Mutterländer bewirken sollte, führte kurz- und langfristig zur politischen Unabhängigkeit der amerikanischen Staaten.

Insbesondere die Verdrängung der kreolischen Eliten aus der königlichen Verwaltung und der mit der Einführung administrativer Reformen verbundene Aufstieg neuer Eliten in Hispanoamerika sowie die in allen amerikanischen Kolonien kontinuierlich erhöhte Besteuerung verstärkten die Differenzen zwischen den amerikanischen Territorien und den europäischen Mutterländern. Um dem Vordringen der Portugiesen und Engländer zu begegnen, richtete die spanische Krone 1776 das Vizekönigreich Río de la Plata ein, das das heutige Argentinien, Uruguay, Paraguay und Bolivien umfasste. Im selben Jahr erklärten die USA ihre Unabhängigkeit von Großbritannien und wurden nach blutigen Auseinandersetzungen im Frieden von Paris 1783 von Großbritannien anerkannt, nachdem ihnen von Seiten Spaniens, Frankreichs und Mexikos (Neuspaniens) Unterstützung gewährt worden war. In Iberoamerika häuften sich die politischen Unruhen Ende des 18. Jahrhunderts. Aber erst die Gefangennahme des spanischen Königs und die Besetzung der Iberischen Halbinsel durch die napoleonischen Truppen löste den Unabhängigkeitsprozess in Hispanoamerika aus, der sich von 1810 bis 1824 ersteckte. Im Gegensatz zum spanischen König konnte sich der portugiesische Monarch rechtzeitig dem Zugriff Napoleons entziehen und flüchtete auf englischen Schiffen nach Rio de Janeiro. Sein Sohn erklärte sich 1822 zum brasilianischen Kaiser Peter I., Oberhaupt einer konstitutionellen Monarchie, nachdem der König wieder nach Portugal zurückgekehrt war. In Spanisch-Amerika erfolgte nicht nur die politische Emanzipation vom Mutterland, sondern außerdem eine neue territoriale Gliederung. Die sich nach langen Kämpfen bildenden Republiken spiegelten die bereits in der Kolonialzeit erkennbaren regionalen Differenzen wider und verwiesen teilweise auf altamerikanischen Strukturen. Während der Unabhängigkeitskriege und der nachfolgenden Auseinandersetzungen kamen aber nicht nur regionale Differenzen und Konflikte mit dem Mutterland zum Tragen, sondern ebenso unterschiedliche politische Konzepte und ökonomische Interessen der alten und neuen amerikanischen Eliten.

RP


  1. Iberische Kolonialpolitik seit 1760, in: Handbuch der Geschichte Lateinamerikas, Bd. 2, S. 15-28
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  2. Die USA vor 1900, S. 37-88
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  3. Regierung, Verwaltung und Verteidigung, in: Handbuch der Geschichte Lateinamerikas, Bd. 2, S. 43-53
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