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Europa in der atlantischen Welt der Neuzeit

Wirtschaft, Technik (1550-1650)

Nach dem Ende der Eroberungskriege stabilisierte sich die wirtschaftliche Lage. Der überwiegende Teil der wirtschaftlichen Leistung wurde wie zuvor in der Landwirtschaft erbracht. Hier dominierten ebenso wie im Gewerbe und im Dienstleistungsbereich altamerikanische Wirtschaftsformen. Zusätzlich zu den indigen geprägten Teilen der Ökonomie entstanden nach europäischen Mustern geprägte Einheiten.

Im Norden Neuspaniens (Mexiko) und im Süden des Vizekönigreichs Peru (Nordchile und Nordwestargentinien) siedelten sich große Weizen- und Viehzuchtbetriebe an, die europäisches Getreide und Vieh so in Amerika verbreiteten. In den tropischen Küstenregionen wurden Zuckerrohrplantagen nach portugiesischem Muster aufgebaut. Im Gewerbe, vor allem im Andenraum, gründete man Manufakturen für die Herstellung von Wolltuchen, während die Baumwollstoffe weiterhin in den ländlichen, indigenen Familienbetrieben gewebt wurden. Die größte Neuerung erfolgte im Bereich des Edelmetallbergbaus und des Transatlantikhandels. Im Bergbau wurden europäische Technologien, Werkzeuge und eine Mischung europäischer und indigener Arbeitsverhältnisse eingeführt. Der Transatlantikhandel wurde von den europäischen Staaten nach merkantilistischen Vorstellungen organisiert, so dass nur staatlich lizensierte Händler oder privilegierte Handelsgesellschaften daran teilnehmen konnten. Deren Reichweite erstreckte sich aber nicht oder nur bedingt auf den amerikanischen Binnenmarkt und den interamerikanischen Handel. Hier kam es im atlantischen Amerika zeitweise zu Auseinandersetzungen zwischen europäischen Großkaufleuten und europastämmigen Siedlern und Händlern. Als Beispiel sei der Widerstand portugiesischer Pflanzer gegen die niederländischen Kaufleute und Financiers in Pernambuco genannt.

Die Konsumstrukturen der ländlichen und der städtischen Bevölkerung änderten sich im Verlauf der Zeit. Die europastämmigen Amerikaner übernahmen indigene Nahrungs- und Konsumgewohnheiten und die auf dem Lande lebende indigene Bevölkerung integrierte die europäischen Nutztiere in ihren Speisezettel und passte sich in ihrer Kleidung teilweise europäisch-christlichen Normen an. Besonderer Beliebtheit erfreuten sich Eisenwaren, die ausnahmslos aus Europa importiert wurden, da die Suche nach Eisenvorkommen und der Aufbau eines eisenverarbeitenden Gewerbes Arbeitskräfte und Kapital vom lukrativeren Silberbergbau abgezogen hätte.

RP


  1. Das portugiesische Amerika (1549-1695). Die Wirtschaft, in: Handbuch der Geschichte Lateinamerikas, Bd. 1, S. 622-633
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  2. Wirtschaft, Handel, Geldwesen, Fiskus und Verkehr, in: Handbuch der Geschichte Lateinamerikas, Bd. 1, S. 400-453
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