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Europa in der atlantischen Welt der Neuzeit

Politik (1450-1550)

Mit der ersten Expedition des Christoph Kolumbus, die im Oktober 1492 in der Karibik eintraf, begann der politische Einfluss Europas auf dem amerikanischen Doppelkontinent. Allerdings handelte es sich hierbei um einen reziproken Vorgang, denn auch in Europa erfolgten politische Maßnahmen, die auf amerikanische Einflüsse zurückzuführen waren. Hier ist als Erstes die auf päpstliche Bullen gestützte vertragliche Einigung zwischen Kastilien und Portugal von 1493 zu nennen (Vertrag v. Tordesillas), in der die Interessen in der westlichen Hemisphäre abgegrenzt wurden, wodurch sich die Geschichte Brasiliens von der der übrigen lateinamerikanischen Staaten unterschied.

In mehreren Expeditionen wurden zunächst die karibischen Inseln von europäischen Söldnertrupps eingenommen und auf Haiti, Kuba und Puerto Rico feste europäische Siedlungen errichtet. Von hier aus wurden dann weitere Fahrten zum amerikanischen Festland ausgerüstet. 1513 überquerte Vázco Nuñez de Balboa den Isthmus von Panama, 1521 nahmen Truppen unter Hernán Cortés die Hauptstadt des Aztekenreiches ein und gründeten die Stadt Mexiko. 1534 marschierten kastilische Söldner in das Zentrum des Inkareiches, die Stadt Cusco, ein. Damit waren die großen altamerikanischen Imperien untergegangen. Die kurze Zeitspanne, in der sich dieser grundlegende politische Wandel vollzog, erklärt sich im Wesentlichen aus den Widerständen innerhalb der altamerikanischen Reiche, die mit ihrer expansiven Politik bereits vor Eintreffen der Europäer an Grenzen gestoßen waren. So waren vor allem indigene Truppen und deren Heerführer kriegsentscheidend, denn nur sie verfügten über die notwendigen Ortskenntnisse.

In der Karibik und in den atlantischen Gebieten Amerikas, wo es keine großen altamerikanischen Imperien gab, zogen sich die Auseinandersetzungen zwischen der indigenen Bevölkerung und den eindringenden Europäern jahrzehnte- und sogar jahrhundertelang hin. So mussten sowohl im Gebiet des heutigen Argentinien als auch im heutigen Brasilien europäische Siedlungen wegen des Widerstandes der seminomadisierenden Bevölkerung aufgegeben werden und konnten erst nach weiteren Versuchen dauerhaft eingerichtet werden. Das bekannteste Beispiel ist die Stadt Buenos Aires.

Sowohl im Gebiet des späteren Argentinien als auch in demjenigen Chiles entsprachen die südlichen Grenzen während der Kolonialzeit weitgehend denjenigen, die schon der inkaischen Herrschaft gesetzt gewesen waren. Das Gleiche galt für die Ostgrenze zum Amazonasbecken. Im späteren Brasilien mussten sich die Portugiesen trotz unterschiedlicher Kolonisationsmethoden zunächst mit einigen wenigen Stützpunkten zufrieden geben. Die iberoamerikanischen Reiche waren also in regionaler und politischer Hinsicht wesentlich von den altamerikanischen Verhältnissen geprägt.

RP


  1. Die iberische Expansion im Atlantik und die kastilisch-spanische Entdeckung und Eroberung Amerikas, in: Handbuch der Geschichte Lateinamerikas, Bd. 1, S. 207-273
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  2. Die portugiesische Expansion, in: Handbuch der Geschichte Lateinamerikas, Bd. 1, S. 297-310
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