Lernportal

Europa in der atlantischen Welt der Neuzeit

Auswahl

Wissen, Kommunikation (1550-1650)

Das Jahrhundert zwischen 1550 und 1650 wird (vor allem in der deutschsprachigen) Forschung seit den 1980er Jahren mit dem Epochenkonzept „Konfessionalisierung“ gefasst, womit der zentrale Stellenwert der religiös-konfessionellen für die allgemeingeschichtliche Entwicklung generell betont wird. „Konfessionalisierung“ meint zum einen die dogmatisch-institutionelle Verfestigung der – bis zum heutigen Tag – wichtigsten christlichen Denominationen des Katholizismus, des Luthertums und des Reformiertentums (sog. Konfessionsbildung); zum anderen lenkt das Konfessionalisierungsparadigma den Blick auf die gesellschaftlichen Folgewirkungen dieses Prozesses.

Alle drei christlichen Konfessionen formen in dieser Zeit konfessionsspezifische Institutionen aus, die gewährleisten sollen, ihren Anspruch Wirklichkeit werden zu lassen, das Leben der Menschen gemäß den nunmehr für die Glaubensgemeinschaft als verbindlich definierten Glaubensgrundsätzen zu formen. Diese kirchlichen Bestrebungen werden maßgeblich von den Obrigkeiten unterstützt: man denke z.B. an das enge Zusammenspiel des gegenreformatorischen Jesuitenordens mit den katholischen Fürsten oder im Bereich der protestantischen Denominationen an den weitreichenden obrigkeitlichen Einfluss der Magistrate resp. der Fürsten und ihrer „Diener“ in Form ihres Kirchenregiments. Umstritten ist, in welchem Umfang es in dieser Zeit gelungen ist, eine konfessionelle Identitätsbildung zu erreichen. Gegenwärtig wird vor allem herausgestrichen, dass ein bottom (Obrigkeit)-down (Untertanen)-Modell zu kurz greift und dass danach gefragt werden muss, auf welche Art und Weise die Menschen mit den konfessionellen Reglementierungsbemühungen umgingen, diese in ihren Alltag integrierten und entsprechend ihren Bedürfnissen umformten (Religion und Konfession, Glauben).

Von allen drei Konfessionen wurde dem Bildungswesen, präziser: dem höheren Schulwesen (Gymnasien) und den Universitäten, eine zentrale Bedeutung zugeschrieben, um ihr Ziel, konfessionelle Normen gesellschaftlich verbindlich zu machen, zu erreichen. Die in dieser Zeit sich ausformende Grazer Bildungslandschaft – zuerst eine protestantische Landschaftsschule (1553), dann ein katholisches Jesuitengymnasium (1573) und schließlich die Begründung der Grazer Universität als Jesuitenhochschule (1586) – illustrieren diesen Sachverhalt trefflich (Wissen, Kommunikation, Medien).

Weniger die Konfessionalisierung denn die politische Krisenhaftigkeit der Zeit und das damit einhergehende gesteigerte Informationsbedürfnis steht im Hintergrund der Verbesserung der kommunikativen Infrastruktur durch das Postwesen und des 1609 erstmals publizierten Mediums „Zeitung“, das fortlaufend über aktuelle politische und militärische Ereignisse in Europa und der Atlantischen Welt berichtet.

Weitere kurze Informationen zu einzelnen thematischen Aspekten finden sie, angereichert um weiterführende Literaturhinweise und Quellen – neben den hier präsentierten Lernmaterialien – unter:

http://www.uni-muenster.de/FNZ-Online/ (u. a. Konfessionsbildung und Konfessionalisierung)

http://www.uni-muenster.de/FNZ-Online/ (Die alten Institutionen des Wissens [zur Universität])

GHM, MR


  1. Die Kursächsische Kirchenverfassung
    PDFBibTeX