Metrik Ursula Gärtner Ursula Gärtner Herausgeberin Sarah Lang Encoding Grazer Repositorium antiker Fabeln (GRaF) Zentrum für Informationsmodellierung, Karl-Franzens-Universität Graz Graz Austria 2020

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Grazer Repositorium antiker Fabeln (GRaF) Projektleitung Ursula Gärtner Born Digital-Online-Publikation, zur wissenschaftlichen Anreicherung des Fabel-Webportals.

Das Sparkling-Science-Projekt 'Grazer Repositorium antiker Fabeln' setzt sich zum Ziel, in direkter Einbindung von Partnerschulen, ein wissenschaftlich fundiertes und fachdidaktisch aufbereitetes Textportal zu antiken Fabeln zur Verfügung zu stellen.

Graz, Austria German
1. Einführung

Das Versmaß wird in der Antike nicht durch betonte und unbetonte Silben, d.h. nach dem Wortakzent, sondern durch die Quantität, d.h. die Länge oder Kürze der Silben, bestimmt. Uns fällt es heute leichter, wenn wir antike Versmaße auch mit Betonung lesen. Diese Betonung nennt man Iktus.

Eine Silbe gilt als lang, wenn sie von Natur aus lang ist. Dies ist in der Regel in den Wörterbüchern durch einen Strich über dem Vokal vermerkt; bei Endungen helfen die Angaben in den Grammatiken. So ist etwa der Auslaut –a als Nominativ der a-Deklination immer kurz, als Ablativ hingegen immer lang. Eine Silbe ist ferner durch Position lang, d.h. wenn auf einen kurzen Vokal zwei oder mehr Konsonanten folgen.

Die kleinste metrische Einheit, die aus Längen und Kürzen zusammengesetzt ist, nennt man Versfuß. Folgende Versfüße sind geläufig. Wenn mit Betonung gelesen wird, ist hier jeweils die Länge betont:

Iambus ◡— Trochäus —◡ Daktylus —◡◡ Anapäst ◡◡—

Eine Verbindung aus solchen Versfüßen nennt man Vers. Die letzte Silbe eines Verses kann meist lang (—) oder kurz (◡) sein, man nennt dies ‚anceps‘ (x). Jeder Vers hat i.d.R. eine Atempause. Fällt diese Pause mit dem Ende eines Versfußes zusammen spricht man von einer Diärese, fällt sie in einen Versfuß spricht man von einer Zäsur.

2. Die Versmaße der Fabeln
2.1. Der iambische Senar (Phaedrus)

Der iambische Senar setzt sich aus 6 iambischen Versfüßen zusammen. Liest man mit Betonung, ist die Länge betont.

◡— | ◡— | ◡— | ◡— | ◡— | ◡ x

Der iambische Senar ist sehr flexibel, was die Analyse nicht immer leicht macht. Denn jede Kürze kann durch eine Länge ersetzt werden, jede Länge durch zwei Kürzen; ist diese betont, erhält die erste Kürze die Betonung. Jeder ursprünglich iambische Fuß (◡—) kann daher auch folgende Formen annehmen:

—— —◡◡ ◡◡◡◡ ◡◡◡

Die wichtigen Zäsuren stehen im dritten (Penthemimeres; wörtl. nach dem 5. Halbteil) oder im vierten Fuß (Hephthemimeres; wörtl. nach dem 7. Halbteil).

◡— | ◡— | ◡ // — | ◡ // — | ◡— | ◡ x
2.2. Der Hinkiambus (Babrios)

Der Hinkiambus entspricht einem iambischen Trimeter, allerdings ist der letzte Versfuß verkehrt, sodass das Versmaß zu hinken scheint.

Iambischer Trimeter: x — ◡— | x — ◡— | x — ◡ x Hinkiambus: x — ◡— | x — ◡— | x — — x

Die wichtigen Zäsuren stehen im dritten (Penthemimeres; wörtl. nach dem 5. Halbteil) oder im vierten Fuß (Hephthemimeres; wörtl. nach dem 7. Halbteil).

2.3. Elegisches Distichon (Avian)

Das elegische Distichon setzt sich zusammen aus einem Hexameter (6 Daktylen) und einem Pentameter (5 Daktylen).

Hexameter (wenn man mit Betonung liest, wird die Länge betont): —◡◡ | —◡◡ | —// ◡◡ | — // ◡◡ | —◡◡ | — x

Die beiden Kürzen können durch eine Länge ersetzt werden, aber meist nicht im 5. Versfuß. Die wichtigsten Zäsuren stehen im dritten (Penthemimeres; wörtl. nach dem 5. Halbteil) oder im vierten Fuß (Hephthemimeres; wörtl. nach dem 7. Halbteil).

Pentameter: —◡◡ | —◡◡ | —//—◡◡ | —◡◡ | x

Der Pentameter besteht eigentlich aus zweimal 3 daktylischen Versfüßen, wobei dem letzten je eine Silbe fehlt; er hat bei Betonung daher 6 Betonungen.