Briefe 1868

Die untenstehende Briefliste ist mit Klick auf die jeweiligen Kategorien sortierbar. Absender und Empfänger werden nach Familiennamen sortiert.

Die mit * markierten Briefnummern entstammen der ersten Version dieser Edition, in welcher Briefe bis zum Jahre 1880 erschlossen wurden. Briefe ohne alte Numerierung und mit einer Datierung vor 1880 wurden nachträglich eingefügt.

KennungMarker KennungAbsenderMarker AbsenderEmpfängerMarker EmpfängerDatumMarker DatumOrtMarker Ort
L.407 *R.342Alexander RollettEmil Rollett1868 IX 9Aussee
L.399 *R.334Alexander RollettEmil Rollett1868 VIII 5Bonn
L.418 *R.352Max SchultzeAlexander Rollett1868 XI 3Bonn
L.361Alexander RollettKarl Rollett1868 I 27Graz
L.362 *R.305Julius HansenAlexander Rollett1868 I 31Graz
L.363 *R.306Alexander RollettEmil Rollett1868 II 7Graz
L.366 *R.309Alexander RollettEmil Rollett1868 III 9Graz
L.368Alexander RollettKarl Rollett1868 IV 11Graz
L.369 *R.311Alexander RollettEmil Rollett1868 IV 11Graz
L.372 *R.314Alexander RollettEmil Rollett1868 IV 14Graz
L.381 *R.321Alexander RollettEmil Rollett1868 V 27Graz
L.387 *R.326Alexander RollettEmil Rollett1868 VI 21Graz
L.391Alexander RollettKarl Rollett1868 VII 12Graz
L.392 *R.329Alexander RollettEmil Rollett1868 VII 12Graz
L.395 *R.332Alexander RollettEmil Rollett1868 VII 22Graz
L.411 *R.346Alexander RollettEmil Rollett1868 IX 19Graz
L.412Alexander RollettKarl Rollett1868 X 14Graz
L.413 *R.347Alexander RollettEmil Rollett1868 X 14Graz
L.420 *R.354Alexander RollettEmil Rollett1868 XI 30Graz
L.422Alexander RollettKarl Rollett1868 XII 1Graz
L.425Karl BlodigAlexander Rollett1868 XII 17[Graz]
L.427 *R.358Alexander RollettEmil Rollett1868 XII 25Graz
L.424A. IwanoffAlexander Rollett1868 XII 10Heidelberg
L.394 *R.331[Heinrich] GlaxAlexander Rollett1868 VII 13Innsbruck
L.417 *R.351Otto RemboldAlexander Rollett1868 XI 2Innsbruck
L.405 *R.340Alexander RollettEmil Rollett1868 VIII 28Ischl
L.400 *R.335Alexander RollettEmil Rollett1868 VIII 6Köln
L.385 *R.324Salomon StrickerAlexander Rollett1868 VI 3Leipzig
L.389 *R.328Salomon StrickerAlexander Rollett1868 VII 3Leipzig
L.397Iwan Michael SetschenowAlexander Rollett[1868] VII 30Leipzig
L.398Carl LudwigAlexander Rollett1868 VII 30Leipzig
L.402 *R.337Alexander RollettEmil Rollett1868 VIII 21München
L.416 *R.350Alexander GolubewAlexander Rollett1868 X 27St. Petersburg
L.359 *R.303Emil RollettAlexander Rollett1868 I 6Wien
L.360 *R.304Viktor von LangAlexander Rollett1868 I 24Wien
L.364 *R.307Emil RollettAlexander Rollett1868 II 15Wien
L.365 *R.308Salomon StrickerAlexander Rollett1868 III 4Wien
L.367 *R.310Emil RollettAlexander Rollett1868 III 14Wien
L.371 *R.313Salomon StrickerAlexander Rollett1868 IV 13Wien
L.373 *R.315Emil RollettAlexander Rollett1868 IV 16Wien
L.374 *R.316Viktor von EbnerAlexander Rollett1868 IV 27Wien
L.375 *R.317Emil RollettAlexander Rollett1868 IV 29Wien
L.376 *R.318Alexander RollettEmil Rollett1868 IV 29Wien
L.377Iwan Michael SetschenowAlexander Rollett[1868] V 1Wien
L.378 *R.319Karl TomaschekAlexander Rollett1868 V 3Wien
L.379Iwan Michael SetschenowAlexander Rollett[1868] V 9Wien
L.380 *R.320Salomon StrickerAlexander Rollett1868 V 26Wien
L.382 *R.322Viktor von LangAlexander Rollett1868 V 27Wien
L.383 *R.323Emil RollettAlexander Rollett1868 V 28Wien
L.384Iwan Michael SetschenowAlexander Rollett[1868] VI 4 Wien
L.386 *R.325Viktor von LangAlexander Rollett1868 VI 16Wien
L.388 *R.327Emil RollettAlexander Rollett1868 VI 22Wien
L.390A. IwanoffAlexander Rollett1868 VII 12Wien
L.393 *R.330Emil RollettAlexander Rollett1868 VII 13Wien
L.396 *R.333Emil RollettAlexander Rollett1868 VII 23Wien
L.403 *R.338Emil RollettAlexander Rollett1868 VIII 25Wien
L.404 *R.339Salomon StrickerAlexander Rollett1868 VIII 27Wien
L.406 *R.341Salomon StrickerAlexander Rollett1868 VIII 29Wien
L.408 *R.343Emil RollettAlexander Rollett1868 IX 9Wien
L.409 *R.344Salomon StrickerAlexander Rollett1868 IX 11Wien
L.410 *R.345Salomon StrickerAlexander Rollett1868 IX 15Wien
L.414 *R.348Franz WaldnerAlexander Rollett1868 X 18Wien
L.415 *R.349Emil RollettAlexander Rollett1868 X 22Wien
L.419 *R.353Salomon StrickerAlexander Rollett1868 XI 25Wien
L.421 *R.355Salomon StrickerAlexander Rollett1868 XI 30Wien
L.423 *R.356Emil RollettAlexander Rollett1868 XII 5Wien
L.426 *R.357Salomon StrickerAlexander Rollett1868 XII 17Wien
L.428 *R.359Emil RollettAlexander Rollett1868 XII 26Wien
L.429 *R.360Salomon StrickerAlexander Rollett1868 XII 29Wien
L.401 *R.336Alexander RollettEmil Rollett1868 VIII 13Zürich
L.370 *R.312Anton Schrötter von KristelliAlexander Rollett1868 IV 12[?]

L.359 *R.303

1868 I 6, Wien

Lieber Bruder!

Ich beginne mein erstes Schreiben im neuen Jahr mit meinen besten Glückwünschen. Es freut mich, dass es Dir gut geht und ich kann Dir dasselbe von mir mitteilen. Freilich habe ich keine russischen Delikatessen zur Erheiterung und Erquickung dieses Lebens, aber dafür habe ich doch auch in letzter Zeit manchen Bissen in angenehmer und heiterer Gesellschaft genossen. Den Heiligen Abend brachte ich wieder bei Colloredo zu, wo das Arrangement ein sehr glänzendes war und ein wirklich poetisches Bild des Reichtums und Luxus zur Schau kam. Ich wurde mit zwei Statuetten aus Bronze, ein Indianerpaar in bunter und gold schimmernder Nationaltracht, als Leuchter dienend, ferner mit einer Aschenschale und von der kleinen Comtesse mit einem Teller täuschend nachgemachter Vergissmeinnicht, die sich abheben lassen, und eine Bonbonschachtel bedecken, beschenkt. Am Christtag und am Neujahrstag war ich in Baden, am letzteren Tage aber nur von 13:00 bis 16:00 Uhr, da ich abends wieder in Wien ärztlich zu tun hatte.

Ich habe in letzter Zeit viel Kummer ausgestanden und ein paar schlaflose Nächte gehabt, da ich ein 14jähriges Fräulein aus sehr gutem Hause an schweren Masern behandelte. Ein paar Tage lang mit unstillbarem Erbrechen, heftiger Bronchitis und allerhand gefährlichen Zufällen. Wenn einem da ein Malheur passiert, so kann das sehr unangenehme Folgen haben – in materieller Hinsicht. Gegenwärtig ist die Gefahr glücklich vorüber und alle Hoffnung auf baldige Genesung. Oh die Praxis! Wie oft wünsch ich mir Nerven von Stahl, wenn es erlaubt ist, mit einem Physiologen so laienhaft zu sprechen. Ich freue mich, dass endlich Eure Neubauangelegenheit in ein Stadium getreten ist, welches eine günstige Entscheidung in Aussicht stellt. Gestern abends war ich bei Schmid geladen und lernte dort Monsieur Bedard[?] kennen, der, wie ich glaube, bei der Gesellschaft Anker eine wichtige Rolle spielt. Er sagte mir, dass seit Neujahr Dr. Schnitzler als Vereinsarzt fungiert – eine sehr gute Stelle –, und erkundigte sich um die Qualifikationen dieses Herrn, worauf ich natürlich ausweichende Antworten gab. Dass mir diese Szene mein oft erprobtes Pech wieder lebhaft vor die Sinne führt, kannst Du leicht ermessen. Warum habe ich diesen Herren erst kennengelernt, als es zu spät war, seine Bekanntschaft auszunützen? Da ich gerade von Pech spreche, so will ich auch jenes erwähnen, welches ich mit dem ersten Abschnitte meines eben jetzt in der Wochenschrift laufenden Artikels hatte. Durch ein Verschulden meiner Bedienerin blieb die Korrektur in der Küche liegen.

Ich schließe mit vielen Grüßen, die ich auch an Richard und Setschenow auszurichten ersuche. Dein

Emil

L.360 *R.304

1868 I 24, Wien

Lieber Freund!

Um meine Schuld nicht gar zu sehr anwachsen zu lassen, schreibe ich Dir heute; viel Neues wirst Du aber gerade nicht daraus erfahren. Ich bringe nämlich meine ganze Zeit mit dem – Eisen zu, und hat, seitdem ich im Dezember das Schlittschuhlaufen begann, alles andere (natürlich mit Ausnahme meiner Freundschaftsgefühle) ihr Interesse verloren [sic].

Wenn Du zufällig weißt, wer Hainer ist, so wirst Du es zu schätzen wissen, wenn ich Dir sage, dass, wenn es noch 3 Monate kalt bleibt, ich jenen Mann gewiss erreicht haben werde. Ich bedaure auch lebhaft, wenn mich das kalte Wetter nicht auch zu dieser Torheit verleitete [sic].

Nun habt Ihr auch den lang erwarteten Unterrichtsminister. Ich glaube, die Grazer philosophische Fakultät dürfte aber kaum aus ihm die ersehnte Berufung Toeplers herausbringen. Bis jetzt hat sich Hasner über diese Angelegenheit bei Stefan und Loschmidt erkundigt. Letzterer verlangt sich übrigens nicht nach Graz zu kommen, falls er in Wien a[ußer]o[rdentlicher] Professor wird.

Wie Ihr vielleicht aus einem in der Neuen Fr[eien] Pr[esse] wiederholten, schlechten Witze gelesen habt, habe ich einen Montag-Vortrag über das Kabel gehalten. Ich habe dazu meine Tangenten-Boussole auf eine neue Weise zur objektiven Darstellung eingerichtet und sie durch Kompensation des Erdmagnetismus so empfindlich gemacht, dass sie bei Muskelstrom auf der Skala Ausschläge von einem halben Meter gibt und negative Schwankungen sehr deutlich zeigt. Stricker war so freundlich, das Instrument darauf zu prüfen. Ich hoffe, Dir dies zu Ostern zu zeigen, solltest Du es aber schon früher verwerten wollen, so würde ich Dir eine Skizze meiner neuen Anordnung schicken.

Statutengemäß als jüngstes Mitglied bin ich heuer verurteilt, einen Vortrag in der feierlichen Sitzung [der Akademie der Wissenschaften] zu halten – schändlich – Suess ließ sich durchaus nicht dazu bewegen, ich fürchte aus Rache wegen der Tschermak-Angelegenheit. Wenigstens kannst Du Gottlieb einstweilen sagen, was Trauriges ihm bevorsteht. Im Übrigen bitte ich, ihn aber zu grüßen, ebenso wie Pebal, Tomaschek. Letzterer ist wohl sehr gespannt auf den Ausgang seiner Angelegenheit. Dass Hasner Lorenz wegen ihm befragte, das wird er wohl ohnedem längst wissen.

Lebe wohl, der Deinige

Lang

Liebster Vater!

Mein langes Zögern, mich für die wertvollen Weihnachtsgeschenke zu bedanken, wird wohl einige Entschuldigung darin gefunden haben, dass unsere letzten Briefe sich gekreuzt haben. Ich war auf das angenehmste überrascht durch die Schlummerrolle und transparente Chinesen, dass genialste bleibt aber immer das einfachste und darum mein besonderes Kompliment demjenigen, der meine Handtuchsehnsucht auf so treffende Weise erraten hat, das war wahrlich wie gerufen. Für alles meinen innigsten Dank.

Zu Deinem morgigen Namensfeste meine herzlichsten Glückwünsche. Ich werde des fröhlichen Kreises gedenken, den ich um Dich versammelt wünsche, und meine Toaste beim Wiedersehen nachtragen.

Loetsch, der mich vorgestern hier sah, wird euch erzählen, dass er mich gesund und heiter fand. Ich bin auch selber froh, dass es mir heuer so gut geht, das Gegenteil wäre sehr fatal, weil meine Geschäfte noch immer viele Ausdauer und guten Humor fordern. Da ich jetzt gerade die Schülerinnen für den Hebammenkurs einschreiben muss, geht mir der letztere nie aus. Mit jeder wird eine Lese- und Schreibeübung angestellt, und da hat mir schon manche gesagt, ich solle wegschauen, weil sie sonst nichts schreiben kann.

Das neue Ministerium hat mir einen großen Gefallen erwiesen. Mir wurden 1500 fl zur Nachschaffung wertvollerer Instrumente für das Institut bewilligt.

Beim Statthalter war ich als Dekan schon zweimal geladen. Ich war auch in vollem Staate dort; allein es ist etwas ungemütlich in dieser steifen Gesellschaft.

Mit dem Grazer Gemeinderat haben wir auch sehr viel zu tun gehabt. Derselbe protestierte nämlich gegen die Erbauung des anatomisch-physiologischen Institutes vor dem Paulustore. Wir richteten deshalb eine Petition an die Väter der Stadt, die ich im Auftrage des Kollegiums dem Bürgermeister überreicht habe. Hat nichts genutzt, Samstag wurde mit 13 gegen 12 Stimmen gegen uns entschieden. Ein paar Liberale waren krank, und die Spießbürger dadurch in der Majorität. Wir sind neugierig, was uns die Weisheit der Letzteren für einen Platz aussuchen wird.

Pfefferkorns Besserung hält an.

An die Mutter meine Handküsse, Grüße an Alle, Dir wiederhole ich meine herzlichsten Glückwünsche als Dein dankbarster

Alexander

L.362 *R.305

1868 I 31, Graz

Mein lieber Professor!

An der Grenze meines Hierseins angekommen, bleibt mir nichts, als ein Lebewohl denen zu sagen, die mich freundlich aufgenommen und dazu beigetragen, die Erinnerung an Graz, an die Reise angenehm meinem Gedächtnisse einzuprägen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht – mir für meinen Teil ist es beinahe unmöglich, Gefühle, von denen mein Herz voll ist, in Worten jemandem persönlich auszudrücken. So kommt es auch, dass ich zur Feder greife, um Ihnen Adieu zu sagen und Ihnen aufrichtigst sehr, sehr zu danken für den Freundesdienst, den Sie mir erwiesen, indem Sie mir die Erlaubnis erteilten, Ihr Institut zu besuchen, die Hilfsquellen desselben zu benutzen und dadurch meinem Drange zu lernen, Genüge zu leisten.

Ein jedes Präparat in meiner Sammlung wird mich an Sie erinnern und die einzelnen angenehmen Stunden, die wir zusammen verlebt – möge auch Ihnen eines oder das andere im Grazer Alltagsleben meine Wenigkeit hin und wieder ins Gedächtnis zurückrufen.

Indem ich Sie noch bitte, meine besten Abschiedsgrüße Herrn Prof. Pebal, sowie den Herren im Institute zu überbringen, scheidet mit einem herzlichen Lebewohl Ihr dankbarer

Julius Hansen

L.363 *R.306

1868 II 7, Graz

Liebster Bruder!

Wenn Du wüsstest, wie oft ich zum Himmel aufblickend darüber seufzte, dass ich Dir nun schon so lange keine Nachricht von mir gegeben, dann würdest Du mir darob nicht zürnen. Ich will das alte Lied von den vielen Geschäften und Geschäften, welche mich immer abzogen, nicht wieder anstimmen, sondern Dir das Wichtigste aus meinem Leben mitteilen. Es wechselt Erfreuliches mit Trübem ab. Erstens einmal ist, wie ich Dir schon mitteilte, unser Neubau etwas mehr in Fluss geraten. Aber hart am Ziele mussten wir die traurigsten Erfahrungen machen. Wir hatten einen dem Aerar gehörigen Platz, das letzte Ende des Glacis am Paulustore für den Bau in Aussicht genommen. Durch eine Schlamperei unseres sogenannten Studienreferenten des Herrn Statthaltereirates Pichler wurden die Pläne der Gemeinde vorgelegt, damit diese ein Gutachten respektive den Baukonsens dazu abgebe. Letzteres wäre aber, wie jetzt allgemein behauptet wird, für einen ärarischen Bau gar nicht notwendig gewesen. Nachdem aber diese Dummheit einmal eingeleitet war, gaben die Herrn Gemeinderäte, welche die Kommission bildeten, ein entsetzliches Urteil kontra ab. Verpestung der Stadt, Infektion mit Fäulnisgasen usw. Da diese gemeinderätlichen Bedenken über einen mit allen Behelfen der Wissenschaft und Kunst sauber gemachten Institutsbau für Anatomie und Physiologie leicht zu widerlegen waren – es sollten ja auch unsere Wohnungen im Hause sein und in den meisten deutschen Universitätsstädten sind ähnliche Institute in belebten Stadtteilen ohne allen Nachteil für die Bevölkerung platziert – so beschloss das Professorenkollegium, sich mit einer Petition an den Gemeinderat zu wenden des Inhalts, derselbe möge nicht im letzten Augenblicke der Ausführung eines Projektes Schwierigkeiten in den Weg legen, welches die Universität als Lebensfrage ansehen müsse. Ich selbst überreichte, von Planer begleitet, die Petition dem Bürgermeister. Der Letztere, übrigens ein feiner Fuchs, nahm uns höflich auf und schien bekehrt, als wir ihn verließen. Auch zu Rechbauer, der viel Einfluss hat, gingen wir, der große Volksmann war aber nicht zu gewinnen, er blieb in Bezug auf unsere Frage ignorant, wie man sagt, darum weil seine industriellen Freunde, Reininghaus, Kleinoscheg etc., Parzellen eines an unseren Bauplatz stoßenden Grundes ankauften und diese ihre Villen durch unseren Bau geniert halten. Ich sprach zu dem geehrten Herrn einige derbe und herausfordernde Worte über partikulare Interessen, die gemeinnützigen untergeordnet werden müssten, über Mangel an Intelligenz und speziell an Verständnis für die Bedeutung der Universität, die übrigens abgesehen von den hohen Aufgaben, welchen sie dient, auch wenigstens 300.000 fl jährlich in Graz an den Mann bringe usw. Was nützt alles Reden gegen eine von Häuser machenden, feine Weine und Leckerbissen kredenzenden Baugeiern und Fabrikanten unterstützte Logik eines öster[reichischen] Reichsrates und Delegierten.

Genug, hier starben wir ab, es hatte aber unsere Entrevue wenigstens den Herrn so weit gebracht, dass er froh war, sich, bevor unsere Sache im Gemeinderate vorkam, in die einberufenen Delegationen aus dem Staub machen zu können.

Die Beratung kam. Zur Ehre des Gemeinderates sei es gesagt, dass von 25 Anwesenden 12 für uns stimmten. Das war die Minorität der Intelligenz.

Schauenstein war leider an einem leichten Katarrh erkrankt zu Hause geblieben, weil er die Sache aus Bummelei von vorne verloren gab. Wäre er, was er hätte leicht tun können, in die Sitzung gegangen, dann wären 13 gegen 13 gewesen und der Herr Bürgermeister hätte, wie er wenigstens jetzt sagt, für uns gestimmt. Nachdem aber so unsere Petition gefallen war durch eine so schmähliche Majorität, ging die Hetze in den hiesigen Blättern gegen uns Professoren und die 12 Gemeinderäte an und dauert bis heute fort. Die unglaublichsten Dinge werden uns gesagt. Wir schützten zum Beispiele, um unserem Egoismus gerecht zu werden, die Wissenschaft eben so vor, wie die Konkordatsritter die Religion u[nd] a[anderes] d[er]gl[eichen].

Kurz, es ist zum Davonlaufen.

Heute ist in der Tagespost ein Aufruf erschienen zu einer Vertrauensadresse an die 13 gemeinderätlichen Ignoranten. Ein Haupthetzer ist der Schwager Rokitanskys, der Herr Oberfinanzrat Weiss, der hauptsächlich durch die Professorenpartei bei der letzten Gemeinderatswahl aus der Kandidatenliste gestrichen wurde, durchfiel und nun seinen Zorn auslässt. Dieser Trottel war mir schon lange zuwider. Ein Gutes hatte aber die Petition doch, alles geniert sich jetzt, gegen das Institut als solches zu demonstrieren. Während anfangs die Anatomie und Physiologie rein abgeschafft werden sollten, will man jetzt nur den Platz nicht zugeben, 10 Klafter nach rechts oder nach links, ja da ginge es, aber dort gerade geht es nicht.

Nun wir sind nicht eigensinnig, wenn wir nur einen passenden anderen Platz bekommen, dann nehmen wir ihn ja. Aber es wird ein solcher schwer zu finden sein. Wir wollen sehen, einstweilen haben wir beschlossen, die Hetzen ganz unerwidert zu lassen, bisher hatte aber unser Schweigen noch keinen Erfolg. Ich rate noch immer, nur ja nicht zu antworten, es gehört aber ein guter Magen dazu. Du siehst aus diesen Umrissen, dass meine Glückseligkeit einige Stöße aushalten musste.

Erfreuliches erlebte ich aber auch, ich habe Dir, wie ich glaube, gesagt, dass ich vor den Ferien um eine größere Summe zur Vervollständigung meines Laboratoriums einschritt. Hasner ließ sich erweichen, im Jänner wurden mir 1500 fl ö.W. angewiesen. Ich muss also jetzt Instrumente bestellen.

Setschenow wird Dich, wenn er nach Wien kommt, besuchen. Er ist sehr zufrieden hier und immer glücklich, weil seine Arbeit über die nervösen Zentren (experimentell) entschieden vorwärts schreitet.

Golubew macht mir große Freude. Über weiße Blutkörperchen u[nd] Verwandtes wird er eine ganz interessante Arbeit vollenden.

Ich selbst stümpere bloß, weil meine Dekanatssorgen mich sehr in Anspruch nehmen.

Nichtsdestoweniger werde ich, angeregt durch die Beteiligung an Strickers Buch über das Bindegewebe, etwas loslassen müssen. Barkan allein bringt nichts fertig. Ich habe ihm wenigstens schon 5 verschiedene Themata vorgeschlagen. Er ist eben nicht von Gott begeistert, übrigens arbeitet er nett und ist gutmütig und es ist mir sehr leid, dass er, wie er mir zu Neujahr mit schwerem Herzen sagte, im Frühjahre wieder in die Praxis zurückkehren will. Um später, was aber noch geheim bleiben soll, nach Amerika zu gehen, wo sein Bruder schon ist. Mir kommt vor, diese Herrn nehmen bei mir nur billige –eigentlich lukrative – Privatissima. Barkan hat mich wenigstens entschieden mit dem Alleswissenwollen malträtiert.

Nun noch eine Bitte, die Dich aber nicht belästigen soll. Nur wenn es leicht geht, gewähre. Gestern hatten wir Sitzung und da sollte auch unsere schon 1866 nach Wien abgegangene Rigorosenordnung amendiert werden. Damals hatte uns das Minist[erium] gewisse feste Standpunkte oktroyiert. Hasner hat uns volle Freiheit und Autonomie zurückgegeben. Es wäre uns wünschenswert, den Wiener Entwurf, der gedruckt verteilt worden sein soll, und bruchstückweise auch z. B. in der Krantschen Zeitschrift erschien, zu haben. Nicht um davon zu profitieren, wohl aber um unsererseits unsere Standpunkte besser markieren zu können.

So neigen wir uns dazu, eine Trennung des Doktorexamens und der Staatsprüfung zu beantragen. Doch davon nächstens mehr, ich bitte, das als vertrauliche Mitteilung zu behalten. Bei der Sitzung nun wurde ich interpelliert, ob nicht gerade durch Dich ein Exemplar des Entwurfes in diskretionärer Weise zu erhalten wäre. Wie gesagt, mache Dir keine Mühe. Ich musste Dich aber darum angehen. Möglich wäre es immerhin, dass Du Rat wüsstest, wenn nicht, so bitte ich Dich, mir auch die Ablehnung im nächsten Briefe mitzuteilen, damit ich meinen Kollegen eben zeigen kann, dass es nicht gegangen ist.

Hat Dich Loetsch besucht? Lebe wohl, schreibe bald Deinem

Alexander

L.364 *R.307

1868 II 15, Wien

Lieber Bruder!

Ich darf nicht länger säumen, Dein Schreiben vom 7. d[ieses Monats] zu beantworten. Ich befinde mich wohl und führe mein gewöhnliches Leben mit seinen Wechselfällen von Lust und Unlust, Freude und Verdruss, Zufriedenheit und Kummer sowie Du und die meisten Menschen. Um sogleich auf Deinen im letzten Briefe ausgesprochenen Wunsch bezüglich der neuen Rigorosenordnung zu kommen, so teile ich Dir mit, dass ich mir bisher trotz meiner Bemühungen bei verschiedenen Zeitungsredaktionen und beim Doktorenkollegium keinen Abdruck verschaffen konnte, den direkten Schritt zum Dekan habe ich allerdings absichtlich nicht gemacht, übrigens wird das ganze Laborat ohnehin in allen Wiener Medizinischen Blättern abgedruckt und in der Zeitschrift für praktische Heilkunde (Organ des Doktorenkollegiums) auch der einleitende Text, wie mich der Notar versicherte. Es bereiten sich heftige Kämpfe um diese Angelegenheit vor und sind zum Teil schon in Szene gesetzt. Unlängst sah ich Dr. Schwarz, der mir erzählte, er habe auf Ansuchen Beales einige seiner Präparate nach London geschickt. Czerny sagte mir, dass aus Briefen Barkans ziemlich sicher zu entnehmen ist, dass der Letztere seine Assistentenstelle aufzugeben gedenkt, Du wirst also neue Sorgen um einen Nachfolger haben. Ich bedaure lebhaft die abermalige Verschleppung Eurer Bauangelegenheit, umso mehr, als die Sache schon so nahe daran war, durchgesetzt zu werden. Der heurige Fasching nimmt mich mehr in Anspruch, als mir eigentlich recht ist. Öffentliche Bälle habe ich nur den Industriellenball und den Ball des Akademischen Gesangsvereines und einen Wiener Maskenball besucht. Auf Ersterem traf ich auf Prof. Lang, auf Letzterem erkundigte sich ein mir bis heute noch unbekannter Domino um Dein Befinden. Vielleicht gehe ich noch auf den Studentenball. Von Hausbällen war ich bei Wittelshöfer, bei Viktor und gehe heute zu Colloredo, vielleicht auch nächstens zu Dr. Lakner, wenigstens hat der Letztere mich geladen für den Fall, als es seiner Frau einfallen sollte, einen Ball zu geben. Auch bei Schmid war eine kleine Soiree, wo getanzt wurde. Was treibst Du? Nach den Schilderungen des Lötsch, die er dem Vater machte, sollst Du recht lustig und witzig sein. Ich selbst habe Lötsch nicht gesehen. In sieben Wochen ist Ostern, die gesetzlichen Ferien dürften Dich auch von Deinen Dekanatsgeschäften entbinden. Ich hoffe, Dich daher bei mir zu beherbergen. Bei Giskra, den ich wie Du weißt, im vorigen Jahr behandelte, habe ich eine Gratulationsvisite gemacht.

Lebe wohl und schreibe wieder einmal Deinem

Emil

L.365 *R.308

1868 III 4, Wien

Geehrter Herr Professor!

Da ich Ihren Aufsatz als den zweiten des ersten Heftes an den meinigen über Zellenlehre anzureihen in Sinne habe, bitte ich Sie, mich in Kenntnis zu setzen, wann ich auf denselben rechnen kann. Ferner wünschte ich zu wissen, über wie viele Abbildungen ich zu verfügen haben werde und ob Sie dieselben 14 Tage vor Einlieferung des Manuskripts abgeben können.

Mit bestem Gruße Ihr ergebener

S. Stricker

L.366 *R.309

1868 III 9, Graz

Lieber Bruder!

Wieder hat es bis 9. d[ieses Monats]gedauert, ehe ich Deinen Brief vom 15. Feb[ruar] beantworte. Ich werde mich im nächsten ruhigeren Jahr bei Dir mit vielen Briefen wieder einzuschmeicheln suchen. Heuer ist’s mit lauter Geschäften und Geschäftchen wirklich schon sehr bunt geworden. Ich bin sehr froh, dass Du weiter in der Rigorosenordnung nichts getan hast, wir haben sie aus der Zeitschrift des Doktoren-Collegs erfahren.

Dass Du im Fasching ein bisschen lustig warst, freut mich, wie steht es mit einer Frau Gemahlin, hast Du keine ersehen, Dr. Lakner soll ja schöne Töchter haben. Warum hast Du mir denn nicht geschrieben, was Giskra sprach.

Die Mutter schrieb mir von Eurer Faschingssonntag-Narretei. Entschuldige mich, wenn Du Lang siehst. Ich bin ihm schon lange einen Brief schuldig. Nach Wien werde ich zu Ostern nicht kommen.

Nun muss ich schon wieder zu einem Rigorosum, darum so kurz der Brief, ich schließe in Hinblick auf meinen neulichen langen, Dein

Alexander

L.367 *R.310

1868 III 14, Wien

Lieber Bruder!

Ich beantworte hiermit Deinen Brief vom 9. d[ieses] M[onats] Mit Bedauern habe ich erfahren, dass Du zu Ostern nicht nach Wien kommen wirst. Eigentlich soll der Dekan in der genauen Befolgung der akademischen Gesetze allen ein Beispiel geben, und das Gesetz lautet auf 14 Tage Ferien. Beherzige das. Brücke ist, wie Du vielleicht gelesen hast, bereits auf dem Wege nach Rom, um über Ostern auszubleiben. Was sagst Du zu dem Entwurfe einer Rigorosenordnung des Wiener Professorenkollegiums? Derselbe findet hier außerhalb des Professorenkollegiums keinen einzigen Verteidiger, vielmehr ist [im] Bereich der Extraordinarii und Dozenten sowie im Doktorenkollegium die lebhafteste oppositionelle Agitation im Gange. Es wurden und werden Komitees gesetzt, um einen neuen Entwurf auszuarbeiten und dem Ministerium zu unterbreiten. Bei dieser Gelegenheit bemerke ich zugleich, dass sich schon seit mehreren Wochen im Doktorenkollegium ein Klub, bestehend aus jüngeren Leuten, zu denen auch ich gehöre, gebildet hat, um diese in letzter Zeit zu vielem Skandal geführt habende Korporation entweder zeitgemäß zu reformieren oder zu sprengen. In der letzten Klubberatung wurde bei Gelegenheit der Rigorosenfrage auch die Gleichberechtigung der Universitäten besprochen und namentlich von Dr. Becker verteidigt. Auch ich habe meine mahnende Stimme erhoben, die zunftmäßigen Anschauungen und Privilegien zu verlassen und die berechtigten Ansprüche der anderen Universitäten auf Gleichstellung und Gleichberechtigung zu vertreten. Es wurde auch in dieser Beziehung eine ganz befriedigende Resolution verfasst und das Verhalten des Clubs bei den Abstimmungen im Doktorenkollegium normiert.

Mit Giskra habe ich natürlich nur ganz kurz gesprochen. Er bedauerte lebhaft, dass er Minister werden musste, um die Sache, für die er und seine Partei gekämpft, nicht zu kompromittieren. Wie Du Dir denken kannst, wird nun nach dem Tode Türks eine Primararztstelle zu besetzen sein. Freilich, bei unserem Sparsystem erst nach Monaten. Eine wahrscheinliche Kombination, dass Löbel an die Stelle Türks kommt und dann im Rudolphspitale eine Stelle vakant wird. Ich werde jedenfalls kandidieren und habe mich auch schon vor ein paar Tagen, obwohl noch kein Konkurs ausgeschrieben ist, bei Giskra und Ulrich vorgestellt. Giskra sagte mir, als ich ihn um seine Gewogenheit bat, wenn keine Ungerechtigkeit gegen einen anderen geschieht, ich vermag das nicht zu beurteilen, da ich mich bloß mit den politischen Dingen beschäftige, dann muss ich den Referenten Ulrich erst hören.

Das ist wenigstens ehrlich, für mich aber sehr deprimierend. Ulrich war sehr freundlich, und ermunterte mich zum Kampfe mit den anderen Bewerbern. Ich höre, dass Rembold und Gilefsky, letzterer seiner Frau zuliebe, unter die Kandidaten gehen werden. Meine Hoffnungen sind auf das geringste Maß herabgedrückt. Seit 14 Tagen weilt Berta bei mir in Wien. Ich habe sie aufgefordert, bei mir zu bleiben, bis ich eine neue Bedienerin habe, da [ich] meine frühere, mit der ich mehr und mehr unzufrieden wurde, entfernte. Nun habe ich seit 2 Tagen eine neue, die früher in Baden bei Strasser war, bekommen. Berta, die Dich grüßen lässt und eben mit Schmid ins Burgtheater geht, bleibt noch ein paar Tage in Wien. Lang habe ich seit Deinem letzten Schreiben nicht gesehen, konnte Dich also noch nicht entschuldigen. Außer bei Lakner war ich auch noch bei Lumpe auf einem Ball. Lakner hat mich zu seinen Soiree, welche alle Donnerstag das ganze Jahr hindurch stattfinden, geladen. Seine beiden Töchter sind allerdings zu Hause, aber beide schon verheiratet und Mütter. Die eine ist die Frau von Brannendal, der Gatte und Kind gestorben ist, die andere, welche einen preußischen Gutsbesitzer geheiratet hat, lebt in einem sehr kühlen Verhältnis zu ihrem Gatten und ist größtenteils mit ihrem Kinde in Wien bei ihren Eltern. Die beiden Frauen tanzen wie zwei Mädchen. Dies zur Aufklärung. Braut habe ich noch keine gefunden, die meisten Mädchen, die ich heuer kennenlernte, nehmen einem jede Lust zu heiraten. Ist es in Graz nicht besser? Und wenn es so ist, warum zögert Spectabilis Decanus facultatis medicae so lange, eine respektable Genossin an seine Seite zu stellen?

Diese Frage könntest Du mir in Deinem nächsten Briefe doch auch einmal beantworten. Nun lebe wohl, es grüßt Dich herzlich Dein

Emil

Lieber Vater,

schon lange lag es mir am Herzen, dass ich Dir wieder einmal schreiben solle und jetzt fühle ich mich sehr beschämt, dass Du mir mit Deinem gütigen Schreiben vom 9. d[ieses] M[onats] zuvorgekommen ist. Mit jedem Tag glaubte ich mir sagen zu können, nun kannst auch du Ferien machen, allein bis heute habe ich noch nicht viel davon gespürt. Ich bin während einer Zusammenstellung eines Artikels über das Bindegewebe für ein demnächst von Dr. Stricker u[nd] m[it] a[nderen] herauszugebendes Buch auf eine Menge von Fragen geführt worden und habe alle meine Zeit mit Mikroskopieren zugebracht. Wahrscheinlich werde ich nun einiges veröffentlichen. Ich muss aber gestehen, dass ich schon sehr blasiert in dieser Beziehung geworden bin, da mir täglich Publikationen zugehen, die nicht fünf Groschen wert sind. Wenn nun andere über meine Sachen eben so urteilen?

Außer wissenschaftlichen Arbeiten und den täglichen des Professoren- und Dekanatentums haben mich in letzter Zeit auch politische Kämpfe in Anspruch genommen. Ich war mit beteiligt an der Gründung des Deutschen Volksvereines, der in der vorgestrigen neuen Presse so schauderhaft verrissen ist, den auch das Vaterland mit Ausfällen regalierte [?]. An dem letztern liegt wenig, dass sich aber ein so prononciert liberales Blatts wie die Presse dazu hergibt, von einem missgünstigen Korrespondenten die besten Leute von Graz verdächtigen [zu lassen], ist wahrlich bedauernswert.

Meine Wohnung war zu Ehren des Herrenhausvotums über das Ehegesetz glänzend illuminiert. Pebal hat auch beleuchtet und das hat ihm, da seine Lokalitäten in der Universität liegen, die giftigsten Anfeindungen der Klerikalen eingetragen. Unser Herr Rektor hält es mit den Letzteren. Den Korrespondenten des Vaterlandes, der erzählte, dass Pebal von der Statthalterei sowohl als auch vom akademischen Senate für seine Anmaßung zurecht gewiesen wurde, habe ich in einer den hiesigen Blättern zugeschickten Erklärung, die allgemeinen Beifall fand, direkt der Lüge beschuldigt und hinzugesetzt, dass ich ihm eine Verteidigung seiner Lüge durch spitzfindige Kniffe dadurch unmöglich machen will, dass ich zugleich mitteilte, dass ein zwischen Pebal und dem Rektor stattgehabtes Gespräch rein privater Natur war. Der Rektor fürchtete nämlich Verlegenheiten und ersuchte Pebal darum, vorkommendenfalles alle Verantwortlichkeit auf Pebal wälzen zu können, was Pebal auch mit Vergnügen zugab. Kaum war aber meine geharnischte Erklärung in den Blättern, so setzte der Herr Rektor eine Senatssitzung an und auf die Tagesordnung derselben: Besprechung der Illumination des Erdgeschosses der Universität. Ich roch sogleich den Braten. Es sollte den Partisanen des Vaterlandes ein gedeckter Rückzug ermöglicht werden. Das war denn doch allen zu arg. Ich setzte eine Zuschrift an seine Magnifizenz um Vertagung der Sitzung bis nach Ostern auf und lud die übrigen Senatsmitglieder zur Unterzeichnung ein. Es unterzeichneten von 8 hier anwesenden Senatsmitgliedern (2 sind mit Urlaub abwesend) 5, der Herr Rektor, auf 2 Pfaffen reduziert, musste in bereitwilligster Erfüllung des ihm ausgesprochenen Wunsches die Vertagung zugestehen. Bis nach Ostern wird es aber dem blödesten nicht mehr weiszumachen sein, dass der Korrespondent des Vaterlandes kein Lügenbeutel ist.

Eine schöne Sitzung wird die erste nach Ostern übrigens werden. Ich werde wieder ins Treffen kommen und habe mir vorgenommen mit unserem Herrn Rektor abzurechnen. Glücklicherweise ist er mit unseren beiden Konvertiten Maaßen und Tewes (norddeutsche Junker, welche die ärgsten Ultramontanen sind) schon ganz isoliert.

Du siehst also, dass man auch in Graz Gelegenheit hat, sich über diese ärgsten Feinde unseres Vaterlandes herzumachen, ja dass die friedlichste Natur dazu provoziert wird.

Bei dem geognostisch-montanistischen Vereine habe ich schon lange für Dich gezahlt. Direktor Aichhorn sagte mir aber, dass, da die geognostische Aufnahme von Steiermark vollendet ist, der Verein seine Aufgabe erfüllt hat und somit weiterhin nicht mehr bestehen wird. Es wird die Karte den Mitgliedern später zugeschickt werden.

Pfefferkorn geht es leidlich, Verschlimmerung ist keine mehr eingetreten. Es geht langsam vorwärts und Dr. Friedrich hat die besten Hoffnungen.

Selma Planer war bis etwa vor 3 Tagen noch im Bett, die Arme hat noch eine Ohrenentzündung, einen Abszess am Halse, alles in Folge der Morbillen, bekommen. Jetzt sieht sie besser aus und wird hoffentlich von ferneren Leiden verschont bleiben.

Dieses Bräuhaus! Es ist schon meine Qual geworden. So oft ich an Baden denke und Sorge und Trost im Herzen des von den lieben Seinen entfernt Lebenden wechseln, kommt mir auch in den Sinn, vielleicht hat es im Bräuhaus wieder gebrannt. Und nun richtig wieder.

Nun noch Allen glückliche Feiertage. Kommt Emil, dann wird er wohl diesen Brief lesen. Ich schreibe heute auch an ihn. Dein

Alexander

L.369 *R.311

1868 IV 11, Graz

Lieber Bruder!

Vor allem entschuldige, dass ich Dir nicht früher geschrieben habe, dass ich Dir die versprochenen 500 fl gleich am ersten Tage nach Ostern (14. April) von hier übersenden werde. Ich hätte das schon früher getan, allein der Quästor zahlte erst heute die Collegiengelder aus. Ich werde auch eine Kassenanweisung der Bank zu bekommen suchen. Heute wollte ich nichts absenden, denn Du wirst wahrscheinlich morgen von Wien abwesend sein und mir liegt daran, dass der Brief gleich in Deine Hände kommt. Wenn Du, wie ich eben vermutete, Sonntag in Baden bist, wird Dich der Vater einen an ihn gerichteten Brief lesen lassen.

Mein Manuskript habe ich noch nicht an Stricker abgesandt. Stricker frug mich im März, ob ich ihm die Tafeln und bis wann ich ihm das Manuskript senden könne. Ich antwortete, nicht vor Ende März. Darauf zeigte ich ihm am 1. April an, dass ich fertig bin, nur noch einige Zitate wären einzusetzen und wenn er mir dazu einige Zeit lassen könnte, wäre es mir recht, sonst wäre ich bereit gewesen, die Geschichte abzusenden. Ich erhielt auf beide Briefe keine Antwort. Nun weiß ich wahrlich nicht, was ich tun soll. Bekommt er meine Briefe nicht, so kann er auch mein Manuskript nicht bekommen und dieses Sauarbeit sozusagen verlieren, ein schrecklicher Gedanke!

Ist Stricker nicht in Wien oder hat er meine Briefe nicht erhalten? Frage doch gelegentlich einmal. Mit großer Freude habe ich eure Vorsätze in Betreff des Doktorenkollegiums zur Kenntnis genommen. Mit den alten Herren wird aber wenig anzufangen sein. Unser Elaborat betreffs der Rigorosenordnung ruht noch. Das weiß ich, dass wir arg ankämpfen werden gegen die exorbitante Beschränkung der Freizügigkeit, welche die Wiener Professoren, dadurch begehen wollen, dass sie den Leuten auferlegen, alle Rigorosen an derselben Universität machen zu müssen. An jeder Universität besteht eine Kommission, an jeder wird dasselbe gefordert. Durch Ziehen der Fragen in die Öffentlichkeit kann die von der Individualität des Examinators zu gewärtigende größere oder geringere Leichtigkeit, die Leute beim Rigorosum durchzulassen, paralysiert werden. Wer wird also die Leute zwingen wollen, alle Rigorosen an derselben Universität zu machen, was nur Sinn hätte, insoferne man fürchten müsste, dass die Leute sich immer die Universität aussuchen würden, wo das betreffende Rigorosum am leichtesten ist. Die Maßregel, welche nun die Wiener dagegen vorschlagen, kommt mir vor wie der volkstümliche Witz, dass man sich den Kopf abschneiden soll, wenn er wehtut.

Was ist es mit dem Primariat. Deine Schritte waren sehr zweckmäßig, gebe der Himmel, dass dabei etwas herauskommt.

Tomaschek geht nach Ostern von hier nach Wien ab. Mein Tischgenosse! Also von nun an wieder solo. Das bringt einen fast auf den Gedanken zu heiraten. Damit wäre zugleich die letzte Frage Deines Briefes erledigt. Dein

Alexander

Verehrtester Herr Kollege!

In dem Überbringer dieses erlaube ich mir Ihnen den Feldmarschall-Leutnant, Baron Gorizzutti, Exzellenz, vorzustellen, der ein passionierter Bienenzüchter ist und Ihre Bekanntschaft zu machen wünscht, da er bei seiner Neigung wissenschaftliche Zwecke verfolgt. Sie werden in ihm einen ebenso unterrichteten als liebenswürdigen Mann von durchaus liberaler Gesinnung kennenlernen und es gewiss nicht bereuen, wenn Sie mit ihm in nähere Beziehung treten. Dass Sie auch mich durch eine gütige Aufnahme desselben sehr verbinden werden, füge ich nur noch bei, um Ihnen im Vorhinein meinen Dank auszudrücken. B[aron] Gorizzutti ist einer meiner alten lieben Freunde, dem ich die größte Hochachtung zolle.

Mit den herzlichsten Grüßen Ihr ergebenster

A. Schrötter

L.371 *R.313

1868 IV 13, Wien

Geehrter Herr Professor!

Es hat mich sehr gefreut zu erfahren, dass Sie mit Ihrem Manuskripte fertig sind, wenngleich der Druck nun einige Wochen verzögert wird. Die Ursache dafür liegt einmal in Max Schultze, der mir mitteilte, dass er sich wieder verheirate und den Monat April in Nizza zubringe. Nach seiner Rückkehr will er das Manuskript fertig machen. Ich bin also entschlossen, gegen Ende Mai nach Leipzig zu gehen, daselbst mit dem Drucke zu beginnen und von da noch nach Bonn, um schlimmstenfalls Ende Juni das erste Heft abschließen zu können. Halten Sie also gefälligst Ihr Manuskript noch bis gegen Mitte Mai in Händen und übermitteln mir es dann oder Sie benützen dazu früher eine passende Gelegenheit. Ich werde Ihnen von Leipzig aus Korrektur zuschicken.

Ich bitte Sie, nicht ungehalten zu sein darüber, dass ich Sie aufmerksam mache, den Fall in Betracht zu ziehen, dass die Bindegewebskörperchen oder einige von ihnen entschlüpfte farblose Blutkörper sein können. Ich denke mir, man muss eine solche Möglichkeit wenigstens andeuten. Nach dem, was Iwanoff am Glaskörper gesehen hat, kann man dem Gedanken an eine Regeneration doch Raum geben. Mich haben in dieser Richtung namentlich einige Körperchen im submukösen Gewebe, die den selten vorkommenden grobkörnigen Blutkörpern sehr ähnlich sehen, zur Achtsamkeit aufgefordert.

Schließlich teile ich Ihnen mit, dass von Brücke ein vortreffliches Portrait im Kupferstich erschien und ich werde so frei sein, Ihnen einen sauberen Abdruck zu überschicken.

Vor meiner Abreise werde ich Ihnen jedenfalls noch schreiben. Ihr ergebener

S. Stricker

L.372 *R.314

1868 IV 14, Graz

Lieber Bruder!

Gleichzeitig geht ein Brief mit einer Kassenanweisung der Nationalbank Nr 242, KontoNr 81092 A per 500 fl ö.W. an Dich ab.

Das Porto zahle von den paar Kreuzern, die Du noch von mir hast, da es besser ist, erst nach Empfang zu zahlen. Schreibe bald. Dein

Alexander

L.373 *R.315

1868 IV 16, Wien

Lieber Bruder!

Gestern habe ich Deine zwei Briefe, den einen Vormittag, den anderen mit der Kassenanweisung abends erhalten. Ich beeile mich, Dir hievon Nachricht zu geben und zugleich Deinen Brief vom 11. April zu beantworten. Du wirst wohl schon von Stricker ein Schreiben erhalten haben, ich brauche also auch auf diese Angelegenheit nicht zurückzukommen. Den gräulich winterlichen Ostersonntag brachte ich, wie Du richtig vermutet hast, in Baden zu, wo sich alle ziemlich wohl befinden. Ich habe daselbst einen Brief an den Vater gelesen und mit vielem Interesse die harten Kämpfe erfahren, welche Ihr mit allerhand Sorten von Leuten durchzumachen hattet. Wie es mit dem Primariat steht, das weiß ich selber nicht. Bis jetzt ist kein Konkurs ausgeschrieben und dürfte, wie man hört, noch lange nicht ausgeschrieben werden. Nämlich erst dann, wenn die Reorganisierung des Sanitätswesens auf die Tagesordnung kommt. Einstweilen wird recht wacker schikaniert und intrigiert und Reklame gemacht. Hoffentlich wird man zur Einsicht kommen, dass es unstatthaft wäre, einer winzigen, eigentlich chirurgischen Spezialität zuliebe, eine ganze medizinische Abteilung zum Opfer zu bringen. Ob aber nicht einer, der sich so stürmisch herandrängenden Laryngoskopiker durch seinen eigentlichen und letzten Zweck das Primariat zu bekommen erreicht, wer kann das wissen? Bei uns ist ja alles möglich. Vor einigen Tagen besuchte mich Rembold, der ein paar Tage in Wien verweilte. Er sagte mir, dass er um das Primariat nicht zu kompetieren gedenkt, wahrscheinlich in der Hoffnung, dass nun doch bald Innsbruck eine medizinische Fakultät bekommen wird. Dagegen machen Prof. Gilefsky und Prof. Pissling alle Anstrengungen nach Wien zu kommen. Wie ist es mit Deiner Assistentenstelle? Hast Du schon einen Nachfolger für Barkan? Geht Letzterer wirklich nach Amerika, wie man in Wien gesprochen hat. Setschenow ist wohl nicht mehr in Graz. Hast Du sonst einen russischen Gesellschafter in Deinem Laboratorium? Ist der von Euch ausgearbeitete Entwurf einer Rigorosenordnung schon vollendet, und wenn, wird er nicht durch den Druck veröffentlicht? Heute Abend ist wieder Clubsitzung, in welcher die Rigorosenfrage beraten wird. In der nächsten Plenarversammlung des Doktorenkollegiums dürfte die Rigorosenfrage auf die Tagesordnung kommen, und die Debatte ihren Anfang nehmen. Ich bin begierig, was da herauskommt. Indem ich wünsche, dass das zweite Semester Deines Dekanats ein recht gesegnetes sei, bin ich mit herzlichen Grüßen Dein

Emil

Wenn Du schon fast daran denkst zu heiraten, so heirate bald.

E.R.

L.374 *R.316

1868 IV 27, Wien

Hochverehrter Herr Professor!

Gestatten Sie mir, dass ich mich Ihnen durch diese Zeilen als Kandidaten für die vakante Assistentenstelle an der Lehrkanzel für Physiologie vorstelle. Seit mehr als einem Jahre ist es mein fester Entschluss, mich ausschließlich dem Studium der Physiologie und Anatomie zu widmen, und ich würde mich glücklich schätzen, wenn es mir vergönnt wäre, mich unter Ihrer Leitung zum Physiologen ausbilden zu können. Schon beim Beginn meiner akademischen Studien hatte ich eine besondere Vorliebe für naturwissenschaftliche Fächer. Im Jahre 1861 arbeitete ich als Hörer der Philosophie im chemischen Laboratorium von Hlasiwetz, ging hierauf ein Jahr nach Göttingen, wo ich mich vorzüglich mit dem Studium der Botanik unter Leitung von Grisebach und Bartling widmete. Ich war damals noch nicht Mediziner, hatte vielmehr im Sinn, die philosophischen Studien zu absolvieren; wurde aber durch die Vorträge Henles über Anatomie zum Entschlusse geführt, mich dem Studium der Medizin zuzuwenden. Im Herbste [18]62 kam ich nach Wien, wo ich mich nunmehr der praktischen Medizin widmete; nebenbei jedoch noch immer botanische Studien betrieb. Am 30. Juni [18]66 wurde ich promoviert, kehrte hierauf nach Innsbruck zurück, wo ich nach dem Friedensschlusse mich mit der Vorbereitung für die chirurgischen Rigorosen befassen wollte. Ein trauriges Familienereignis – der plötzliche und ganz unerwartete Tod meines älteren Bruders – veranlasste mich, den Plan im Herbste [18]66 wieder nach Wien zu gehen, aufzugeben und das Schuljahr 1866/67 in Innsbruck bei meinem greisen, alleinlebenden Vater zuzubringen. Ich benutzte diese Zeit zu zoologisch-anatomischen Studien unter Leitung des Prof. Heller.

Seit Oktober [18]67 bin ich hier in Wien und beschäftige mich vorherrschend mit histologischen Arbeiten in Brückes Institut und treibe nebenbei etwas vergleichende Anatomie bei Prof. Brühl. Wenn ich diesem kurzen Curriculum vitae noch beifüge, dass ich die Idee, mich mit medizinischer Praxis zu befassen, ganz aufgegeben habe und mich mit Konsequenz für die akademische Laufbahn vorzubereiten entschlossen bin; wenn ich ferner beifüge, dass meine finanziellen Verhältnisse mich nicht nötigen, daran zu denken, mir möglichst bald eine pekuniär gesicherte Stellung zu gewinnen, so glaube ich, das Wichtigste über meine Person, meine Verhältnisse und meine Pläne mitgeteilt zu haben. Schließlich erlaube ich mir noch, zwei kleine Publikationen beizulegen. Indem ich mich Ihnen, hochverehrter Herr Professor, bestens empfehle, zeichne ich mich hochachtungsvoll Ihr ergebener

Dr. Viktor v. Ebner

L.375 *R.317

1868 IV 29, Wien

Lieber Bruder!

Gestern abends war Dr. Viktor Ritter von Ebner bei mir und erzählte mir, dass er einen Brief an Dich gerichtet habe. Zugleich ersuchte er mich, Dir über seinen Befund zu berichten. Ich tue dies hiermit, obwohl ich gar nicht weiß, ob Du überhaupt auf einen Assistenten aus Wien reflektierst. Ich kenne den Dr. Ebner, der im Jahre 1866 promovierte, als einen sehr fleißigen und strebsamen Studenten, der eine besondere Neigung zu naturwissenschaftlichen Studien zu haben schien. Er ist ein spezieller Schüler von mir, und ich hatte oft Gelegenheit, mich von seinem Ernst und Eifer zu überzeugen. Wie er sich als Mikroskopiker und Chemiker benimmt, weiß ich natürlich nicht zu sagen. Gegenwärtig arbeitet er bei Brücke. Der Mann hat, wie es scheint, einiges Vermögen und ist willen, sich ganz der theoretischen Medizin zu widmen. Er ist ein Innsbrucker und hofft wohl, bei Errichtung der Innsbrucker Universität unterzukommen. Wie mir Ebner erzählte, hat sich Ebner an Brücke gewendet um ein Empfehlungsschreiben an Dich. Brücke wollte aber keine Initiative ergreifen, sondern sagte, wenn Du anfragst, dann werde er Ebner empfehlen. So viel in dieser Angelegenheit. Ich hoffe, bald ein Schreiben von Dir zu erhalten und nebst andern zu erfahren, wie es Dir geht, was Du zu Ostern angefangen etc. etc. Mir und den Badenern geht es wohl, Vater war unlängst bei mir über Nacht, ich führte ihn in die Pfarrerköchin. Lebe recht wohl Dein

Emil

L.376 *R.318

1868 IV 29, Wien

Lieber Bruder!

Die nächste Veranlassung dieses Schreibens ist, dass ich Dir mitteilen will, dass Setschenow heute nach Wien abgeht. Eine schöne Zeit ging vorüber, während er sich hier aufhielt. Er ist der alte, liebe Freund geblieben, der mich protegiert und zu Dank verpflichtet; er hat mir Golubew, einen seiner besten Schüler, mitgebracht, der bereits eine schöne Arbeit hier vollendete und weitere in sicherer Nähe des Abschlusses gegenwärtig ausführt. Setschenow versprach mir, noch andere zu schicken. Er selbst will jetzt zunächst mit Lang in physicalibus sich beschäftigen.

Dir wird er einen Besuch machen und es würde mich freuen, wenn Du öfter ihn sehen würdest. Bedauerlich war mir in Deinem Brief die schlechte Konstellation bezüglich des Primariates, was ist es weiter geworden?

Unsere Amendements zur Rigorosenordnung sind dank Schauensteins Faulheit noch immer nicht zur Verhandlung gekommen, ich kann Dir daher nichts Weiteres mitteilen.

Da Du auch Erkundigungen wegen meines Assistenten anstellst, so teile ich Dir mit, dass Barkan mit Ende dieses [Monats] abgeht (offiziell), fort ist er schon lange.

Ich suchte und suchte. Ich wollte nicht recht anbeißen, wieder aus Wien einen zu nehmen, wegen der bekannten unangenehmen Erfahrungen mit Barkan und Schwarz. Passende Leute fand ich aber hier nicht. Nun hat sich Dr. Viktor v[on] Ebner mir angetragen, Barkan hatte diesen Herrn schon früher empfohlen. Ebner hält sich gegenwärtig in Wien auf, ist Tiroler, will sich einer akademischen Karriere widmen und sagt, dass er für Physiologie und Histologie schwärmt. Gegenwärtig arbeitet er bei Brücke. Ich will an Ebner schreiben und ja sagen. Kennst Du ihn, weißt Du was von ihm, kannst Du mir das unter ein paar Tagen mitteilen. Ich sitze auf Nadeln; die Vorlesungen haben am Montag begonnen, und ohne Assistenten sein, ist für mich eine schwere Last.

Ich schreibe Dir bald wieder und hoffe auf eine Antwort von Dir. Lebe wohl Dein

Alexander

Hochgeehrter und zugleich lieber, lieber Freund!

Sie werden mich ungeheuer verbinden, wenn Sie den Kleinigkeiten, die ich Ihnen sende, einen Raum auf Ihrem Schreibtisch geben wollen. Ich beanspruche diesen Ehrenplatz für dieselben aus dem ganz natürlichen Wunsche, dass Sie vor Ihren Augen fortwährend ein Ding zur Erinnerung an einen alten Freunde, dem Sie durch Ihre Gastfreundschaft ungeheuer viel Gutes getan, haben möchten.

Wegen sehr großer Peripation mit der Wohnung musste ich diesen Brief getrennt von dem Schachtel absenden. Heute früh, ehe der Brief geschrieben war, erfuhr ich nämlich, dass mein Vorgänger in der Wohnung (Währingerstraße 8) sehr stark an Syphilis litt; in Folge dessen lief ich sofort auf die Post (welche, wie Sie wissen, ganz in der Nähe ist), um nach der Abgabe des Schachtels sich möglichst rasch eine neue Wohnung zu finden [sic] und Ihnen den Brief mit unverpestetem Schreibzeug schreiben zu können.

Aus demselben Grunde konnte ich bis jetzt in das physische Laboratorium nicht gelangen. Erst morgen gehe ich zu Prof. Lang. Wien hat auf mich einen sehr peinlichen Eindruck gemacht, weil das Wetter fürchterlich schlecht ist: es regnet Tag und Nacht. Meine Adresse ist: Wickenburggasse 24.

Leben Sie wohl und vergessen Sie nicht Ihren alten Freund

I. Setschenow

Anmerkung Zur Datierung: Der Brief ist auf Grund der Adresse in der Wickenburggasse in Anlehnung an die Datierung des Briefes mit der Schilderung des Laboratoriums resp. Physikalischen Kabinett Langs ebenfalls auf 1868 zu datieren.

L.378 *R.319

1868 V 3, Wien

Endlich, teurer Freund, bin ich in meiner Wohnung so weit in Ordnung, dass ich mich hinter den Schreibpult stellen und schreiben kann; und da will ich denn sogleich wenigstens in ein paar Zeilen Nachricht von mir geben. Mein dringendstes, ja einziges Anliegen war bis jetzt, mir mein Daheim so freundlich als nur irgend möglich einzurichten. Dies verzögerte sich länger, als ich anfangs voraussetzen konnte, da eine hochweise Gemeindekommission erst die Bewohnbarkeit des schon so lange fertigen Hauses auszusprechen hatte und leider bis vor wenigen Tagen damit warten ließ. Inzwischen sind meine sämtlichen Effekten, in einem ebenerdigen Gewölbe zusammengestopft, ausgepackt und renoviert worden. Doch kann ich dem Grazer Spediteur das Zeugnis geben, dass alles prompt besorgt war. Die Taglöhnerdienste indes, die ich schon die letzte Zeit in Graz über mich genommen, vermehrten sich hier nur noch mehr und ich atme völlig auf, da nun alles so ziemlich in Ordnung ist. Heute zum ersten Male schlafe ich in meiner neuen Wohnung, respektive in der Küche derselben, die ich zu einem Schlafboudoir freilich in Miniatur metamorphosiert habe.

Meine Vorlesungen beginne ich erst Dienstag, da ich früher, wie auf der Straße wohnend, unmöglich irgend mich hätte vorbereiten können. Mit Freunden und Kollegen war ich noch wenig beisammen, selbst Lang sah ich erst ein paarmal; ich fand ihn recht wohl und heiter und freue mich auf einen öfteren Verkehr mit ihm. Mit meinen Gedanken bin ich noch viel in Graz, bei Dir und den anderen lieben Freunden, und die häufige, so fröhliche und herzliche Geselligkeit, die unserem engen Kreis verband, vermisse ich in der Tat gar schwer. Bleib mir auch nach dem Aufhören meines täglichen Verkehrs treu gesinnt, lieber Freund, und ich brauche Dich wohl nicht erst zu versichern, dass ich Dir unverlierbar innige Freundschaft bewahre. Grüße auch die andern Genossen vielmals und herzlich von mir, insbesondere Pebal, und vergiss nicht, auch im Hause Planer mich in freundliche Erinnerung zu bringen. An Hellys schreibe ich gleichzeitig. Euer Erscheinen am Bahnhofe ist mir eine wehmütig freudige Erinnerung und wird es bleiben.

Wenn Du gelegentlich Zeit zu einigen, wenn auch wenigen, Zeilen Dir abstehlen kannst, so vergiss nicht, mich über die wichtigsten Universitätsangelegenheiten zu unterrichten, so zunächst namentlich über den Erfolg Deiner Ministerepistel.

Ehestens will ich wieder meine lang sistierte Arbeit vornehmen, erst dann werde ich mich heimisch zu fühlen beginnen, denn die lange Pause in jeglicher geistiger Produktion verdirbt mir nachgerade alle Stimmung.

Ist Setschenow noch in Graz. Ich dies der Fall, so grüße ihn freundlich. O’Connor lässt sich Dir vielmals empfehlen. Heute abends spiele ich mit ihm im Hause meines Bruders ‚Stop’.

Und nun leb wohl und heiter eingedenk Deines treuen Freundes

Tomaschek

Hochgeehrter Herr College!

Ihr Schweigen fängt an mich zu beunruhigen. Haben Sie meinen Brief erhalten, oder vielleicht habe ich Sie mit irgend etwas beleidigt und Sie sind böse auf mich? Wenn ja, so können Sie doch nicht glauben, dass es absichtlich geschehen ist. Schreiben Sie mir um Gottes Willen Paar Worte, sonst werde ich nach Graz kommen, um den Grund Ihrer Unzufriedenheit aus Ihrem Munde zu vernehmen. Mir geht's im Laboratorium von Prof. Lang ganz gut. Vorgestern war ich bei Ihrem Bruder. Schreiben Sie mir um Gottes Willen. Ihr

 I. Setschenow

Meine Adresse: Josefstadt, Wickenburggasse 24. Bei Frau Wibiral

Anmerkung Zur Datierung: Diese schließt auf Grund der Adresse in der Wickenburggasse an die des Briefes mit der Schilderung des Laboratoriums resp. Physikalischen Kabinett Langs. an

L.380 *R.320

1868 V 26, Wien

Geehrter Herr Professor!

Ich bestätige Ihnen hiermit den Empfang Ihres Manuskripts und danke Ihnen außerdem vielmals für Ihre freundliche Mitteilung.

Sie werden von mir von Leipzig oder Bonn aus Nachrichten haben. Früher wird Ihnen hoffentlich eine Korrektur meines Aufsatzes über Zellen zukommen, damit Sie, wenn Ihnen etwas daran missfallen sollte, in der Lage sind, mich rechtzeitig davon zu verständigen, die mit Randglossen an den Verleger zurückgesendete Korrektur wird mich von Ihren eventuellem Wunsche in Kenntnis setzen..

Über das 2. Heft bekommen Sie jedenfalls vor Ende Juni bestimmte Nachricht von Ihrem ergebenen

S. Stricker

L.381 *R.321

1868 V 27, Graz

Lieber Bruder!

Ich will Dir nur in aller Kürze danken, dass Du mir, noch ehe meine betreffende Frage an Dich erging, schon Notizen über den Dr. Ebner gegeben hast. Wir befinden uns beide wohl nebeneinander und ich glaube eine gute Akquisition gemacht zu haben. Endlich einmal einen Assistenten, für welchen nicht einmal die interkonfessionelle Sanktionierung notwendig gewesen wäre.

Nun aber kommt in aller Kürze noch etwas. Pebal hat mir einen ungeheuren Floh ins Ohr gesetzt, als er mir erzählte, dass Du mit Benützung einiger Omnibusse und Schnellzüge vielleicht doch einmal ohne besondere Störung Deiner Wiener Geschäfte direkt aus der Rauhensteingasse auf den Karmeliterplatz kommen könntest. Wie wäre es, wenn Du diesen Vorsatz zu Pfingsten ausführtest.

Wahrscheinlich kommen auch Tomaschek und Lang. Du könntest vielleicht zu dem Letzteren gehen und Dich der Gesellschaft anschließen. Auch Gottlieb, der bei den Akademiesitzungen in Wien ist, wird gleichzeitig zurückkehren. Doch das mache, wie Du willst; nur kommen, das ist die Hauptsache.

Ich bitte Dich aber zu schreiben, wann Du kommst, damit ich mich nicht in die Berge versteige. Lebe wohl, mit vielen Grüßen Dein

Alexander

L.382 *R.322

1868 V 27, Wien

Lieber Freund!

Diesmal muss ich ein Opfer von Dir verlangen, nämlich mir alsbald zu antworten. Es handelt sich wegen Pfingsten. Wäre Aussicht, [Dich] auch in den Ferien zu treffen, so wäre mir dies viel lieber und mir auch damit gedient, da ich dann ohne Gesellschaft bin, während man jetzt leicht jemanden zu einem Spaziergange findet.

Schreibe mir, was Du in den Ferien tust und ob Du etwa zur Naturforscher-Versammlung nach Dresden gehst. – Wenn aber in den Ferien nichts zu machen ist, werde ich Samstagabends von hier abreisen. – Lebe wohl

Viktor Lang

L.383 *R.323

1868 V 28, Wien

Lieber Bruder!

Ich beeile mich, Dir mitzuteilen, dass ich, so leid es mir tut, zu Pfingsten keinen Ausflug nach Graz unternehmen kann. Eigentlich ist jetzt, wo schon viele Leute auf das Land gezogen sind, die Praxis schlecht, aber ich habe dennoch ein paar schwere Patienten, darunter eine Frau, welche ich von Dr. Kumar, der mit seiner jungen Gattin auf Reisen ging, übernommen habe und welche ich nun nicht im Stich lassen kann. Nach Baden denke ich wohl an einem der beiden Pfingsttage zu kommen, aber den Grazer Ausflug muss ich auf spätere Zeit, vielleicht auf den Herbst, verschieben.

Es wäre sehr zu wünschen, dass diesmal die Wahl Deines Assistenten eine glückliche sei. Ich hoffe dies ebenso zuversichtlich, als ich bei Barkan daran zweifelte.

Heute schreibe ich auch an Denhardt, der mir unlängst einige Zeilen zukommen ließ und die Nachricht mitteilte, dass er im September mit Auguste für einige Zeit nach Baden zu kommen gedenkt. Hast Du für die Ferien schon Pläne gemacht? Du wirst wohl Graz für längere Zeit [adieu] sagen. Neues habe ich Dir nicht Erhebliches mitzuteilen und sage Dir ein herzliches Lebewohl, Dein

Emil

Mein hochgeehrter und lieber Freund,

ich ließ Sie auf die Beschreibung meines Wiener Lebens nur deswegen so lange warten, weil ich mich in dieses Leben erst hineinleben wollte. Die Hälfte desselben, und zwar die am meisten angenehme, vergeht in dem physikalischen Laboratorium, wo ich von 9 bis 2 Uhr bleibe. Ich habe seit meiner Jugend die Wellentheorie des Lichtes als eines der feinsten und edelsten Produkte des menschlichen Geistes betrachtet, Sie können also wohl denken, mit welchem innigen Genuss ich in die Geheimnisse dieser lichtvollen Region zum ersten Male in meinem Leben eintrete. Mein Führer dabei ist ungeheuer liebenswürdig gegen mich, natürlich nicht äußerlich, sondern im wahren Sinne des Wortes. – Er behandelt mich als einen Anfänger (was ich auch in der Tat bin) mit sehr großer Milde und ist zu meinen Fehlschritten sehr nachsichtig, ohne sie unbemerkt zu lassen. Die letzte Eigenschaft, das heißt diese Aufrichtigkeit gefällt mir an Professor Lang am meisten, obgleich ein jeder Anfänger gerade bei dieser Eigenschaft seines Lehrers am meisten die Gelegenheit findet, mit roten Ohren wegen der Unwissenheit dazu stehen. Sie wiesen [wissen] aber wohl, dass solche Augenblicke, deren ich schon ziemlich viele gehabt habe, gerade die instruktivsten und die am meisten nützlichen sind. Es gefällt mir weiter die allgemeine Methode von Professor Lang, seine Schüler zu leiten: er erzählt immer im Anfange einer neuen Versuchsreihe alles, was zu machen ist, gibt die Quellen an (oder sogar das Werk), wo man darüber lesen kann und lässt den Schüler allein arbeiten, bis er mit den Versuchen fertig ist; dann müssen ihm die Resultate so wie der ganze Gang des Versuches mitgeteilt werden.

Sie sehen somit, dass mir der Aufenthalt in seinem Laboratorium ungeheuer nützlich ist. Schade nur, dass er von dem Honorar gar nichts wissen will; – dieser Umstand fährt fort, mich einen bisschen zu quälen, da ich doch weiß, dass er von meiner Arbeit, welche nur in einer Wiederholung des längst Bekannten besteht, gar nichts für sich hat.

Professor Tomaschek sehe ich fast täglich, weil er vor dem Essen immer in das Laboratorium kommt, um Professor Lang abzuholen.

Alle Nachmittage und alle Abende bleibe ich mit sehr wenigen Ausnahmen zu Hause. Bis jetzt war ich weder im Theater noch in der Umgegend von Wien. – Der einzige Ort, wohin ich von Zeit zu Zeit gehe, ist der Volksgarten, und die einzigen Personen, mit denen ich im gesellschaftlichen Verkehr stehe, sind Luslowa und ihr Mann. Staunen Sie sich nicht über diese klosterartige Lebensweise: ich bin immer so in Mitte der Leute, mit denen ich nicht sehr nahe bekannt bin.

Bei Brücke war ich zweimal, und beide Male traf ihn weder im Laboratorium noch zu Hause. Werde noch zum dritten Mal hingehen, aber erst vor meiner Abreise.

Das wirklich Unangenehme in meinem Wiener Leben ist die südwestliche Lage meiner Wohnung, in Folge deren ich den ganzen Nachmittag wie in einem Ofen sitze. Es hängt vielleicht damit zusammen, dass ich den Appetit fast gänzlich verloren habe und so schwach geworden bin, dass ich schon an einen Arzt (natürlich an Ihren Bruder) zu denken anfange.

Jetzt eine Bitte wegen des Mikroskops. Im Falle es vor dem 15. Juni nach Graz ankommt, bitte mir dasselbe nach meiner Adresse zu schicken (Wickenburggasse 24); im Falle es vor dem 15. Juli nach Graz ankommen wird, bitte das Instrument nach der Adresse von Dr. Erismann (Türkenstraße 9) zu übersenden. Wenn es endlich noch später in Ihre Hände gelangen wird, dann muss die Sache nach Petersburg in die medizinisch-chirurgische Akademie auf meinen Namen übersandt werden.

Ich rechne auf ihre Freundschaft so fest, dass ich, wie Sie sehen, keinen Anstand nehme, Sie mit allen diesen Kommissionen zu belästigen.

Leben Sie wohl. Wünsche Ihnen alles Gute. Vergessen Sie nicht Ihren

I. Setschenow.

Herzliche Grüße: den Herren Prof. Pebal und Schenkl, sowie Ihrem ganzen Laboratorium, auch den Wendl.

Anmerkung Zur Datierung: Tomaschek ist 1862 nach Graz und unter dem 15. 3. 1868 an die Universität in Wien ernannt worden, wo er am 9. 9. 1878 verstorben ist. Schenkl wurde unter dem 23. 10. 1863 nach Graz ernannt, nahezu zeitgleich mit Rollett, was den effektiven Beginn der Arbeit in Graz anlangt, und ist unter dem 14. 3. 1875 nach Wien berufen worden. Pebal wurde unter dem 10. 1. 1865 nach Graz ernannt. Nach diesen Bekanntschaften zu schließen, muss sich Setschenow innerhalb der Jahre 1865 bis 1867 bzw. Frühjahr 1868 (vermutlich erstmals) in Graz aufgehalten haben, und das, seiner Vertrautheit mit den mit Rollett befreundeten Professoren nach zu schließen, auf durchaus längere Zeit, s. auch den Brief Emil Rolletts an Alexander Rollett vom 6. 1. 1868. Sein Aufenthalt in Wien, und damit die Datierung des Briefes, ist durch die Äußerung Tomascheks in seinem Brief vom 3. 5. 1868 festlegbar, wo er nachfragt, ob Setschenow „noch“ in Graz sei. Damit ist zwar nicht festlegbar, wann Setschenow nach Graz gekommen ist, wohl aber das Ende seines Aufenthaltes bei Rollett mit Ende April bzw. Anfang Mai, da Setschenow nach Graz berichtet, dass er Tomaschek beinahe täglich sehe. Im Mai und Juni 1868, also für relativ kurze Zeit, hielt sich Setschenow in Wien auf, um dann offenbar nach kurzer Abwesenheit von Wien während des Juni im Juli von Wien aus Österreich zu verlassen, da ihm das Mikroskop dann nach St. Petersburg nachgesandt werden sollte. Aufschlussreich ist auch Setschenows Äußerung im vorliegenden Brief, dass die Hälfte seines Aufenthalts in Wien verstrichen sei.

L.385 *R.324

1868 VI 3, Leipzig

Geehrter Herr Professor!

Ich beehre mich, Ihnen anzuzeigen, dass ich Ihr Manuskript heute an Engelmann abgegeben habe. Es werden indessen 5 Wochen verstreichen, bis Ihre Abbildungen im Schnitte vollendet sein werden, Sie können also früher keine Korrektur erwarten. Ich bitte Sie nun, sich an das Blut zu machen. Das Buch bekommt den Titel ‚Mikroskopische Anatomie und Physiologie’. – Sie können daher alle Ihre Versuche an Blutkörperchen einbeziehen.

So sehr ich mich dafür interessiert habe, dass Ihre Abhandlung über die Bindesubstanzen recht erschöpfend ausfalle, so wenig kann ich einen solchen Vorgang beim Blute wünschen. In einer Kapitalfrage wie die Bindesubstanzen war Kürze nicht am Platze. Beim Blute aber muss ich Kürze wünschen, weil sonst ein Kapitel der Eingeweidelehre (II. Heft) zu sehr über die anderen überwiegt. Ich bitte Sie daher, wenn möglich, nicht über einen Druckbogen hinauszugehen.

Sie haben Zeit, Ihre Antwort auf dieses Schreiben bis Mitte Juli zu verschieben, zu welcher Zeit mich dieselbe in Wien treffen kann. Es grüßt Sie bestens Ihr ergebener

Stricker

L.386 *R.325

1868 VI 16, Wien

Lieber Freund!

Ich bin so unartig, Dir erst heute für Deine freundliche Bewirtung zu danken; wenigstens zeigt dies, dass ich noch in der Erinnerung des in Strömen geflossenen Champagners schwelge.

Was die Luftpumpe betrifft, so scheint mir doch noch Delenil (rue du Pont-de-Lodi 6) in Paris der beste zu sein. Auf der Londoner Ausstellung war von ihm une grande machine pneumatique, corps de pompe en eristal, systeme à double éprisement – 1000 frcs. Hlasiwetz hat sich auch eine Maschine bei ihm bestellt, wird sie aber erst in vier Monaten bekommen.

Soeben machte Tomaschek seine tägliche Aufwartung bei mir (13:00 Uhr). Derselbe sagte mir, ich solle keinen Unsinn schreiben, so dass Ihr nicht etwa meint, Ihr hättet ihn mit Eurem Telegramm wirklich geärgert. Ich will also ohne Kommentar sagen, dass er noch nicht lange eingeschlafen war, als er die Depesche erhielt und am nächsten Morgen das ganze als einen sehr albernen und witzlosen Spaß erklärte. Setschenow geht, glaube ich, Anfang Juli nach Karlsbad, er klagt über Magenkatarrh, den ihm das Wiener Klima verursacht haben soll.

Dein Bruder sagte mir, dass Du Ende Juli durch Wien kommst; jedenfalls lasse [mir] nur es sagen, wo man Dich da treffen kann.

Viele Grüße an alle Bekannten. Wie geht es der Kleinen Planers? Der Deinige

V. Lang

L.387 *R.326

1868 VI 21, Graz

Lieber Bruder!

Was ich Dir in diesem Briefe mitzuteilen habe, wird Dich ein wenig überraschen. Ich soll, wie vorläufig festgesetzt ist, am nächsten Freitag mit dem Schnellzuge nach Wien abgehen, gleichzeitig reisen Planer und Clar.

Wir stellen eine Deputation dar, welche es zunächst auf den Finanzminister und erst in zweiter Reihe auf den Unterrichtsminister abgesehen hat. Über den Gegenstand ist uns unverbrüchliches Stillschweigen auferlegt; bis die Mission vollzogen ist.

In Folge dieser nahe bevorstehenden Ereignisse bitte ich Dich recht sehr, nicht ungehalten zu sein, wenn ich Dich wieder mit Fragen und Aufträgen secieren muss.

Erstens: Kann ich bei Dir eventuell durch 2 Tage mein Unterkommen finden?

Zweitens: Wirst Du so gut sein, beim Portier des Finanzministeriums oder sonst an einem sicheren Orte zu fragen, ob am Samstag, den 27. Juni, der Minister Brestel Audienz erteilt und ob, was noch wichtiger ist, der Referent Dr. Gobbi im Finanzminist[erium] zu sprechen sein wird? Ich bitte Dich sehr, mir das so bald wie möglich zu schreiben. Du kannst ja vielleicht einen Dienstmann hinschicken, um diese Erkundigungen einzuziehen.

Also auf baldige Antwort und baldiges Wiedersehen. Ich bitte Dich, niemanden über unser Kommen jetzt noch etwas zu verraten. Die Leute würden sich sonst den Kopf zerbrechen und spüren. Auch die Badener will ich überraschen. Dein

Alexander

Solltest Du auf die Idee kommen, mir zu telegraphieren, dann bitte ich Dich, ja von Ministern oder Audienz nichts zu sagen, sondern nur: den 27. zu sprechen, B. u. G. usw. Denn es liegt uns sehr daran, unsere Sache geheim zu halten.

L.388 *R.327

1868 VI 22, Wien

Lieber Bruder!

Ich beeile mich, Dir mit umgehender Post auf Dein heute erhaltenes Schreiben zu antworten. Der überraschende Inhalt desselben hat mich nicht wenig erfreut. Ich komme soeben von der Johannesgasse, wo ich mir beim Portier des Landesfinanzministeriums die nötige Auskunft erbat, nachdem ich schon früher beim Portier des Reichsfinanzministeriums in der Himmelpfortgasse, wohin ich zuerst geriet, eine gleichlautende Antwort erhielt. Der Minister, Brestel, ist regelmäßig jeden Donnerstag und Sonntag ca. um die Mittagszeit zu sprechen. Selbst wenn er an einem dieser Tage durch eine Sitzung im Abgeordnetenhaus gehindert ist, rechtzeitig zu erscheinen, pflegt derselbe noch in den ersten Nachmittagsstunden die Leute zu empfangen. Ob er auch an anderen Tagen, speziell am Samstag, Audienz gibt, weiß der Portier nicht mit Bestimmtheit zu sagen und meint, dass man eben den Versuch machen müsste, sich zu melden. Was den Sektionschef Gobbi anlangt, so hat derselbe keine bestimmten Audienztage, sondern ist tagtäglich zwischen 13:00 und 15:00 Uhr im Finanzministerium den Parteien zugängig. Somit sind Deine Fragen zum Teil beantwortet und ich glaube, Ihr könnt Eure Mission in der präliminierten Weise antreten und vielleicht auch einen der beiden Herren Samstag, den andern Sonntag, oder auch beide am Sonntag sprechen. Deine erste Frage bezüglich Deines Unterkommens bei mir muss ich dahin beantworten, dass ich Dir nur in Anbetracht des noch laufenden Schuljahres eine so kurze Frist Deines Schreibens billigen kann und in der sicheren Erwartung, baldigst in den Ferienmonaten eine Verlängerung derselben zu erfahren. Wenn Du mir nicht nochmals schreibst oder telegraphierst, so betrachte ich diese Angelegenheit meinerseits als geordnet. Morgen gibt Setschenow ein d’adieux im Erzherzog Karl, wozu außer Lang auch ich, und wie ich glaube Tomaschek geladen ist. Setschenow, der mich wegen seines chronischen Magen- und Darmkatarrhs konsultierte, geht zur Kur nach Karlsbad. Auf baldiges Wiedersehen Dein

Emil

L.389 *R.328

1868 VII 3, Leipzig

Geehrter Herr Professor!

Ich übersende Ihnen gleichzeitig einen Korrekturbogen meines Aufsatzes; er ist stilistisch noch nicht fertig, da ich erst sehen will, welchen Wünschen meiner Mitarbeiter ich Rechnung zu tragen habe, bevor ich den Aufsatz abrunde. Ihre Arbeit ist im Drucke, auch sind bereits acht Abbildungen in Holz geschnitten. Es geht also langsam vorwärts, aber es steht nicht in meiner Hand, es zu beschleunigen.

Ich werde morgen Ihren Korrekturbogen durchlesen. Sollte ich etwas darin finden, was sich auf die Lymphgefäßanfänge bezieht, so werde ich es ausstreichen und Sie bitten, es fortzulassen, weil diese Frage in Kapitel Lymphgefäße behandelt wird.

Sie sind weiter gebeten, keine Zeichnung auf Papier anzufertigen. Engelmann schickt Ihnen so viele Blätter, als Sie für Abbildungen zu Ihrem zweiten Aufsatze brauchen.

Montag oder Dienstag [6. oder 7. Juli 1868] bin ich wieder in Wien und ich bitte Sie, Briefe und Korrekturbogen dorthin zu richten, da ich erst dort meinem Aufsatze und dann auch dem Ihrigen impr[imatur] geben werde. Ihr ergebener

S. Stricker

Geehrtester Herr Professor!

Ich danke Sie für Ihr freundliches Schreiben, welches ich hier erhalten habe. Ich habe leider genötigt gefunden in Wien mich länger aufzuhalten, als ich es mir vorgenommen hatte, und bin deswegen in Unwissenheit, ob unsere Arbeit nach Berlin von Ihnen abgeschickt ist, was ich gerne gewünscht hätte, da ich in Paar Tagen nach Berlin abreise.

Ich werde vorn Graefe von unserer Arbeit nicht verschweigen und da er höchstwahrscheinlich den Wunsch aussprechen wird, dieselbe in seinem Archiv gedruckt zu sehen, so bitte ich Sie, gefälligst Ihre Meinung mit Bestimmtheit mir aussagen zu wollen, ob Sie absolut dagegen sind oder werden Sie vielleicht unter einigen Bedingungen dafür eingehen. In diesem letzten Falle werde ich mich bemühen, Graefe zu bewegen, die Zeichnungen bei dem besten Kupferstecher (vielleicht sogar bei Wagenschieber) drucken zu lassen. Ich bin überzeugt, dass Graefe auf alle Bedingungen eingehen wird, nur um die Arbeit bei sich zu behalten. Es versteht sich von selbst, dass in diesem Falle alles Ihren Wünschen gemäß von mir getan wird. Das Archiv wird, soviel mir bekannt ist, in der kürzesten Zeit erscheinen.

Da mich die Augen von Huchen, wie Ihnen bekannt, höchst interessieren, so erlaube ich mir, Sie zu ersuchen, mir die Freundlichkeit machen zu wollen, sich zu erkündigen, ob der Herr Dr. Ebner welche angeschafft hat. Ich habe denselben [?] auch bei Jean[?] bestellt – seien Sie so gut, sagen Sie ihm, dass er möchte alle angeschafften Augen nach Berlin in die Graefesche Klinik an Herrn Dr. Leber mit der Übergabe mir zu zu schicken.

Grüßen Sie von mir Herrn Pr[ofessor] Pebal. Hochachtungsvoll Ihr ergebenster

A. Iwanoff

Lieber Vater!

Ich habe dieses Mal ein wenig warten lassen mit der Nachricht, wie ich wieder in Graz angekommen bin. So etwas erlaubt man sich aber immer nur, wenn man eben gut nach Hause gekommen ist.

Ich hätte Dir gerne geschrieben, ob wir in Wien auch etwas ausgerichtet haben, aber bis jetzt wissen wir das selbst noch nicht. Gut Ding braucht Weile, vielleicht steht uns Günstiges bevor, wenigstens ist der Vertrag mit der Gemeinde noch nicht beschlossen.

Richard hofft, schon in einigen Tagen nach Baden gehen zu können.

Bei Planer nimmt das Kranksein kein Ende, jetzt haben die Kinder Elsa und Alfred wieder den Krampfhusten.

Pfefferkorn liegt wieder im Bett, er hat infolge seiner Quecksilberkur eine Drüsenvereiterung in der Leiste bekommen. Es geht ihm nach der Öffnung des Abszesses leidlich gut. Das Beste ist, dass seine Augen dauerhaft gebessert bleiben.

Ich habe jetzt am Vor- und Nachmittag Rigorosen, dazu noch die Vorlesungen; ich sehne mich nach dem Ende des geplagten Jahres und verlange mir, nicht so bald wieder Dekan zu sein. Am 28ten hoffe ich fertig zu sein, am 1ten August Abend soll ich in Bonn sein. Ich schreibe bis dahin noch einmal.

Hast Du in den Zeitungen unsere antiklerikalen Demonstrationen gelesen. Die Pfaffen und ihr Anhang sind wütend, sie haben endlich eingesehen, dass Mathäi am letzten ist und kämpfen den Kampf der Verzweiflung und schimpfen in ihren Organen um die Wette.

Schauenstein wurde mit 9 gegen 7 Stimmen zum Rektor für 1868/69 gewählt, die entscheidende Stimme rührt von einem Geistlichen her. Einem Priester der Neuzeit, wie ihn die ultramomentanen Juristen ärgerlich nennen. Es ist Wagl, ein Horner und Verwandter von Lambert und der Großmutter, wie ich Dir schon einmal erzählte.

Viele Grüße an Alle, der Mutter meine Handküsse.

Dein dankbarster

Alexander

L.392 *R.329

1868 VII 12, Graz

Lieber Bruder!

Ich habe Dir vor allem noch zu danken für die gute Aufnahme, welche Du mir bei meinem Wiener Aufenthalt zuteil werden ließest, entschuldige, dass ich das jetzt erst tue.

In Graz erwarteten mich wieder zahlreiche Geschäfte und ihre Zahl ist seither gewachsen. Lauter Rigorosen: Mediziner, Chirurgen, Hebammen, Pharmazeuten etc. Das Geschäft geht gut, aber langweilig ist die Geschichte auch, bis 28. ist kein Tag mehr frei. Dann hoffe ich fertig zu sein und fahre sogleich ab.

Weißt Du ein Mittel gegen den Krampfhusten? Planers Elsa und Alfred sind sehr gequält davon; dann rate. Neues weiß ich Dir wenig zu schreiben. Unsere antiklerikalen Wühlereien kennst Du aus den Zeitungen.

Ob wir in Wien etwas ausgerichtet haben, weiß noch niemand. Lebe wohl und schreibe bald wieder einmal Deinem

Alexander

L.393 *R.330

1868 VII 13, Wien

Lieber Bruder!

Ich danke Dir für Dein gestriges Schreiben, das ich hiermit beantworte. Es freut mich, dass die letzten Tage Deines heurigen Dekanates reiche papierene Früchte tragen, welche, wenn auch schon schwer und mühsam geerntet, doch leicht vertragen werden. Ich bedaure das neuerliche Missgeschick in der Planerschen Familie. Was Du mir als Krampfhusten bezeichnet hast, ist wahrscheinlich Keuchhusten (tussis convulsiva). Leider dauert solch ein Insult trotz aller Therapie meist ein paar Wochen und steckt ein Kind nach dem anderen in einer Familie an. Ein zweckmäßiges Verhalten der Kinder, wie es bei Katarrhen überhaupt Norm ist, Ruhe, gleichmäßige Temperatur, Vermeiden der Abendluft im Freien etc., kleine Dosen von Belladonna abwechselnd mit P. Dover ist wohl das Zweckmäßigste. Wenn ich nächstens wieder Keuchhustenkranke in Behandlung bekomme, werde ich jedenfalls digitalis anwenden, namentlich wenn leichte Ex[…]tionen des Pulses und der Temperatur inter[…]rieren und wenn die Krankheit noch ziemlich frisch ist. Es ist das ein Mittel, über welches meines Wissens in der Literatur des Keuchhustens so viel wie nichts vorliegt. Dass mir aber des Versuches wert scheint, wegen seines spezifischen Einflusses auf das Zirkulations- und Atmungsgebiet.

Zu Deinem morgigen Geburtstage bringe ich Dir meine besten Glückwünsche dar. Da Du die Bonner Reise doch über Wien machen wirst, so hoffe ich, Dich nächstens wieder bei mir zu sehen. Mit vielen Grüßen Dein

Emil

L.394 *R.331

1868 VII 13, Innsbruck

Geehrter Herr Professor.

Sie haben auf die wissenschaftliche Entwicklung meines Sohnes einen so wohltätigen Einfluss genommen, dass ich ihn von der Grazer Universität nicht scheiden lassen kann, ohne Ihnen unmittelbar meinen väterlichen Dank ausgesprochen zu haben. Ob es Julius gelungen ist, Ihre Lehre, die, wie seine Briefe versichern, seine Freude daran, auch in dem Maße, wie sie ihm geboten wurde, aufzunehmen, um solche seinerzeit zu verwerten, ist mir Laien zu beurteilen freilich nicht möglich; allein die Wärme, mit welcher er dankbar seines Lehrers bei jeder Gelegenheit erwähnt, ist mir mindestens ein annäherungsweiser Beweis, dass er den guten Willen hierzu hatte. Ich bitte Sie, geehrter Herr Professor, ihm Ihr Wohlwollen auch noch fernerhin zu bewahren.

Mit der aufrichtigsten Hochachtung Ihr ergebenster

Prof. Glax

L.395 *R.332

1868 VII 22, Graz

Lieber Bruder!

Ich gebe Dir in aller Kürze Nachricht, dass ich am 28. d[ieses] M[onats] hier abkommen werde. Ich steige in Baden ab. Etwa 29. Vormittag gehe ich nach Wien und werde Dich etwas beunruhigen. Noch am selben Tage (29.) muss [ich] mit dem Courierzuge 19:30 Uhr von Wien wieder ab nach Bonn.

Lasse Dich nicht genieren, wenn ich nur bei meiner Ankunft in Deine Wohnung kann und wir dann miteinander speisen können. Um 12:00 Uhr habe ich Stricker, welcher mich um ein Rendezvous ersuchte, ein solches in Deiner Wohnung gegeben. Ich kann ihn übrigens, wenn Du geniert sein solltest, auch am Tor erwarten. Dein

Alexander

L.396 *R.333

1868 VII 23, Wien

Lieber Bruder!

Ich zeige Dir hiermit den Empfang Deines gestrigen Schreibens an. Schade, dass Du nur so kurze Zeit hier verweilen kannst. Ich bin Komiteemitglied beim Schützenfest, und zwar im Sanitätsdepartement. Am 28. trifft mich der Turnus des Sanitätsdienstes von 7:00 Uhr bis 13:00 Uhr, am 29. bin ich glücklicherweise frei. Es wäre doch angezeigt, dass Du Dir auf der Durchreise durch Wien den in wahrhaft großartiger Weise angelegten Rumor des Schützenfestes ansehen möchtest. Für den Fall, als Du vielleicht schon am 28. nach Wien kämest, triffst Du mich wie gesagt vormittags im Prater am Festplatze oder im Sanitätsbüro, oder Du kannst mich wenigstens daselbst erfragen oder mir durch einen Dienstmann eine Nachricht zukommen lassen. Wo ich am 28. Nachmittag sein werde, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Daher Du mich jedenfalls noch vormittags aufsuchen oder verständigen müsstest. In meine Wohnung kannst Du natürlich zu jeder Zeit gelangen. Am 29. bin ich wie gewöhnlich von 12:00 bis 13:00 [Uhr] zu Hause. Ich teile Dir diese Daten mit, damit Du Dich eventuell danach richten kannst. Es wäre doch schön, wenn wir den Vorabend vor Deiner Abreise, also den 28. abends, beisammen wären und uns das Treiben der Schützen und diverser anderer Leute an Ort und Stelle am Festplatze des Praters ansehen würden. Wenn Du also vielleicht doch schon am 28. nach Wien kommst und Du mich nicht schon vormittags im Prater von 7:00–13:00 [Uhr] aufsuchst, so musst Du mir früher Nachricht geben, damit ich auch nachmittags an einem bestimmten Ort zu finden bin, den Du in meiner Wohnung erfahren würdest, wenn ich nicht selbst zu Hause bin. Mit vielen Grüßen Dein

Emil

Hochgeehrter und lieber Freund!

Vor einigen Augenblicken habe ich dem Herrn Professor Ludwig meine Versuche gezeigt und schreibe Ihnen diesen Brief aus seinem Laboratorium. Ich fühle mich sehr glücklich in diesem Augenblick, weil er ganz unverändert geblieben ist. Er will Ihnen ebenfalls schreiben.

Über die direkte Übersendung des Mikroskops von Paris nach Petersburg teile ich Ihre Ansicht vollkommen; folglich werde ich Sie bitten, dem Hartnack meine Adresse zu schicken: "Medizinisch chirurgische Akademie in Sankt Petersburg“.

Entschuldigen Sie, dass ich den Brief schließe: Prof. Ludwig wartet auf mich und will Ihnen schreiben. Leben Sie wohl und vergessen Sie nicht Ihren

Setschenow

Anmerkung Zur Datierung: Diese folgt dem beiliegenden, voll datierten Brief Carl Ludwigs vom 30. 7. 1868.

1868 VII 30, Leipzig

Lieber Rollett

Setschenow, der mir seine schönen oder besser bewundernswürdigen Versuche zeigte, sagte mir außerdem das nicht weniger fröhliche Wort „Rollett schwärmt in Norddeutschland umher“, da hoffe ich denn, er kommt nach Leipzig, und fürchte zugleich, dass dieses nach dem 8. August geschieht, der Tag, an dem ich unser L[aboratorium] verlassen will, um ein paar Wochen allein zu sein. Wenn also irgend möglich, richten Sie es ein, dass ich meinen lieben alten Rollett auch zu sehen kriege. Mich würde es schmerzen, wenn ich so über [...] käme. Und ich weiß, dass Sie mir viel zu erzählen haben, mit den Blicken schon allein, wie viel erst nach dem Munde.

In alter Treue Ihr

 C. Ludwig

Anmerkung Wie auch sonst immer schrieb Ludwig auch hier „Rollet“.

L.399 *R.334

1868 VIII 5, Bonn

Lieber Bruder!

Erst heute ist es überhaupt möglich, Dir einmal zu schreiben. Es geht mir vortrefflich. Heute Abend reise ich nach Köln und von dort, wo ich endlich mir angehören werde, schreibe ich Dir sogleich wieder einen ausführlichen Brief; das Fest hier war glänzend. König, Kronprinz, die Minister Mühler und v[on] der Heydt dabei. Ich habe viel gelernt und viel erfahren, was mir sehr nützlich sein kann.

Doch mehr wie gesagt später. In Köln denke ich auch meinen Reiseplan festzustellen und werde Dich dann bitten, mir auch Nachricht zu geben. Dabei ist zu bedenken, dass ein Brief von Wien an den Rhein zwei volle Tage braucht und, da ich vielleicht nur kurze Stationen mache, so wirst Du vielleicht ein Telegramm von mir erhalten, mir da oder dorthin kurz zu schreiben, dass es Dir und allen gut geht. Empfange also das Telegramm mit Ruhe.

Dein

Alexander

L.400 *R.335

1868 VIII 6, Köln

Lieber Bruder!

Ich will Dir nur in Eile mitteilen, dass ich nun definitiv beschlossen [habe], nach der Schweiz zu gehen. Morgen reise ich von hier ab. Ich finde wieder keine Zeit, Dir ausführlicher zu schreiben. Hier sehe ich den Dom und den zoologischen Garten an. Von Zürich mehr. Ich bitte Dich nur um ein paar Worte, wenn Du nicht mehr zu schreiben hättest, nachdem Du diesen Brief erhalten haben wirst.

Adresse: A[lexander] R[ollett], Zürich, poste restante. Dein

Alexander

L.401 *R.336

1868 VIII 13, Zürich

Lieber Bruder!

Trotz allen Vornehmens, Dir einmal ausführlich zu schreiben, komme ich doch erst heute mit Mühe dazu. Über den Bonner Jubel wirst Du aus den Zeitungen genug erfahren haben, so dass ich kleinere Details über die Feierlichkeiten mündlicher Mitteilung überlassen kann.

Interessant für mich war, dass Helmholtz, Henle, Franke, Nasse, Budge, Donders bei dem Fest anwesend waren und alle mir auf das freundlichste begegneten. Von den Bonnern waren M. Schultze, Pflüger, Preyer, Binz, Busch, Rühle, Kekule, Rindfleisch nebst den obigen gewöhnlich im engeren Kreise zusammen mit noch anderen med[izinischen] Festgenossen eine heitere Gesellschaft und ich bin voll der besten Eindrücke von Bonn geschieden, auch darüber mündlich mehr.

Als Abgeordneter von Graz wurde ich dem Kronprinzen von Preußen vorgestellt, ich fing mit ihm zu politisieren an und sagte ihm über Deutschösterreich einige Worte ad notam die zugleich der nebenstehende kleindeutsche Sybel, der Bonner-Rektor als Vorstellender, vernehmen konnte und die sein Gewissen wahrscheinlich nicht ganz ruhig gelassen haben. Schon bei der am 1. August stattgehabten Vorversammlung beim Rektor hatten wir anwesenden Österreicher keine üble Geschichte durchzumachen. War auch gekommen a klaner eitler Jud, was hasst Oppenheim und ist in Köln grauses österreichisches General-Konsul. Dieser Kerl wollte, angeblich in Beusts Auftrag, die Bonner Universität im Namen der österreichischen Universitäten begrüßen. Wir protestierten sogleich auf das lebhafteste, dass irgendjemand als die Deputierten selbst das Recht hätten, die österr[eichischen] Universitäten zu vertreten und der eitle Jude stank ab und meinte, er habe nur den Auftrag bekommen, weil Beust nicht wusste, dass die öst[erreichischen] Universitäten vertreten sein würden. So hat man sich auch jetzt noch der Vorsehung der österreichischen Regierung, die sich gerne in Dinge mischt, welche sie nichts angehen, zu erwehren. Viel gäbe es von Bonn noch zu sagen, allein ich will weiter und gehe daher mit Dir nach Köln, von dort nachdem wir den zoologischen Garten und den bis auf die großen Türme fast vollendeten herrlichen Dom gesehen, nach Frankfurt, dort wird wieder ein Tag mit den Merkwürdigkeiten verbummelt. Goethes Vaterhaus, wie es zu Goethes Zeiten war, und vom Deutschen Hochstift wieder hergestellt, wurde besehen. Auch der Kaisersaal [wurde] besucht, um uns zu überzeugen, dass Preußen daran alles unverändert ließ. Auch die Beicht [sic] der Frankfurter blieb von der Einverleibung unberührt. Von Frankfurt nach Stuttgart, dort gebummelt im Schlossgarten, in Berg, in Cannstatt, ebenfalls alle Merkwürdigkeiten, so in Baedekers Evangelium verzeichnet sind, besehen und dann nach Friedrichshafen über den Bodensee, dessen weiter Wasserspiegel einen imponierenden Eindruck macht nach dem Schweizer Orte Romanshorn und von da nach Zürich.

Warum nach Zürich? Ich hörte in Bonn, dass Kühne, Cohnheim, Gusserow, Preyer dort versammelt sein würden, zweitens sagte mir aber Preyer auch, dass, da Fick definitiv für Würzburg ernannt sei, Zürich neu zu besetzen wäre und dass auch ich in dieser Beziehung genannt worden wäre. Ich wollte nun sehen, wie es hier aussieht. Fick ist noch hier. Er empfing mich sehr liebenswürdig, und gestern und heute brachte ich viele Stunden mit ihm in seinem Laboratorium zu. Das Letztere macht einen deprimierenden Eindruck. Es studieren nur 100 Mediziner hier. Die Dotation ist äußerst beschränkt. Nichts für uns. Aber alles unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Würde ich auch nie annehmen, ein Ruf käme mir doch gelegen, weiter brauche ich Dir nichts zu sagen. Adieu, Dein

Alexander

Auf der Post war ich schon dreimal und bekam nichts, ich fürchte, es geht wie das erste Mal. Morgen reise ich von hier weiter. Bald schreibe ich wieder.

L.402 *R.337

1868 VIII 21, München

Lieber Bruder!

Ich bin in München, d.h. auf dem Heimwege. Man hat doch genug, wenn man einen Monat reist. Ich werde nicht nach Heidelberg und nicht nach Dresden gehen. Becker und in Dresden Lang und Pebal müssen mich entschuldigen.

Ja, sollte ich wider alles Erwarten doch noch die Naturforscherversammlung besuchen, was ich gegenwärtig nicht zu tun gewillt bin, so reise ich lieber wieder, als dass ich jetzt, nur um die Zeit bis dahin auszufüllen, noch weiter bummle. Doch höre vorerst, wo ich gewesen bin. In Zürich brachte ich mit Fick, Eberth, Rose, Biermer, Horner einige Zeit zu. Frey konnte ich nicht treffen. Er ließ sich auch nicht in der Gesellschaft sehen. In Zürich sah ich auch Arlt mit Frau, Tochter und jüngerem Sohn. Ferner wohnten mit mir im selben Hotel Cyon und Ustimovich, welche Du vielleicht von Wien kennst. Nachdem ich teilweise in dieser Gesellschaft von Zürich und seinem See gründliche Bekanntschaft gemacht hatte, ging ich nach Zug über den Zuger-See nach Arth, von da auf den Rigi, wo ich das Glück hatte, das herrliche See- und Gebirgspanorama im vollsten Glanze zu sehen. Ich fürchte, dass dies bei Arlt, der einen Tag später ging, nicht der Fall war, denn da regnete es des Morgens. Vom Rigi nach Weggis am Vierwaldstättersee, dann über diesen schönsten der Schweizerseen nach Luzern. Dann sah ich den Brienzer und Thunersee, das Berner Oberland und verließ über Basel die Schweiz, nachdem ich noch auf dem Wege den Rheinfall bei Schaffhausen bewundert hatte.

Die nächste deutsche Station, welche ich erreichte, war Konstanz am Bodensee und den letzteren der Länge nach durchfahrend ging ich nach Lindau, um über Augsburg nach München zu gelangen. Hier schwelge ich in Kunstgenüssen, wie ich früher in Naturgenüssen schwelgte. Die ersteren stehen den letzteren gar nicht nach, an jener Großartigkeit, von welcher wir aber, wie ich jetzt sehe, auf unserer Reise mit dem Großpapa, sei es unserer noch wenig verständigen Jugend halber, sei es aus anderen Gründen, nur sehr wenig empfingen.

Nun muss ich aber wieder zur Natur zurückkehren. Mein Weg wird mich zunächst nach Salzburg führen. Von da gehe ich aber nicht nach Wien, sondern über St. Gilgen und den Schafberg nach St. Wolfgang, Ischl, Aussee, Leoben und Bruck auf Graz los. Ich habe heute auch an Vater geschrieben, vielleicht hat jemand in Baden und auch Du Lust, mich dann in Graz zu besuchen, unsere Berge sind doch auch schön und ich bin noch rüstig genug, um auch dort herumzusteigen. Sollte sich so etwas machen, was mich sehr freuen würde, so käme ich dann erst Ende September wieder nach Wien und Baden, sonst natürlich früher.

In Zürich habe ich weder von Dir noch von Graz irgendeinen Brief erhalten, das erstere fing mich schon zu beunruhigen an, da half mir glücklich die neue Presse vom 18. über die Bedenken hinweg. Wenn Du beim Valet Beckers so lustig warst, muss es Dir und allen gut gehen. Der nächste Brief kommt wahrscheinlich erst aus Graz. Lebe wohl

Alexander

L.403 *R.338

1868 VIII 25, Wien

Lieber Bruder!

Soeben, es ist 22:00 Uhr, finde ich Dein Telegramm auf meinem Schreibtisch. Ich antworte sogleich, [um] am Morgen mit dem frühesten meinen Brief zu expedieren. Ich habe auch unmittelbar nach Empfang Deines Kölner Briefes nach Zürich geschrieben. Die Ursache, dass Du den Brief nicht erhalten, ist vielleicht einem Missverständnisse zuzuschreiben. Dein Kölner Brief endete nämlich also Adresse AR poste restante Zürich. Ich musste mich an die Chiffre AR gebunden halten und Du hast vielleicht nur zufällig Deinen Namen abgekürzt. Doch genug hievon. Wir befinden uns alle ziemlich wohl. Dem Vater ist ein kleines Malheur passiert, das leicht arg hätte werden können. Es wurde nämlich ein Pferd seines Wagens scheu, er versuchte abzuspringen und stürzte auf die Erde. Eine große Beule an den Schläfen und Augen, gegen links mehrere Hautabschürfungen an Händen und Füßen waren die Folge. Gegenwärtig befindet er sich ganz wohl, nur die linken Augenlider sind blau unterlaufen. Gehirnerschütterung ist keine eingetreten und auch sonst nichts Bedenkliches. Der Unfall erfolgte schon am Mittwoch. Adolf Prayer hatte wieder zwei epileptische Anfälle. Sonst geht es allen gut. Gestern feierten wir das eigentliche Becker Abschiedsbankett. Ich lernte Rindfleisch kennen, der von seinem Freunde Billroth eingeführt wurde und unbestimmte Zeit in Wien zu verweilen gedenkt. Deinen Brief aus München, der mir Deine Absicht kundgab, nach Graz zurückzukehren, habe ich gleichfalls erhalten. So viel ich am letzten Sonntag in Baden erfahren habe, wird dermalen niemand von uns nach Graz gehen. Auch ich bedaure, Deiner Einladung nicht folgen zu können. Führe daher Du, sobald es Dir möglich ist, Deinen Vorsatz aus, zu uns zu kommen. Stricker frug mich gestern, wo Du zu finden seist, da er Dir eine Korrektur zusenden will. Ich sagte ihm, dass Du auf dem Wege nach Graz seist. So viel für heute. Lebe recht wohl und reise so glücklich wie bisher, Dein

Emil

L.404 *R.339

1868 VIII 27, Wien

Geehrter Herr Professor!

Insofern Sie sich meiner Angelegenheit in Bonn angenommen haben, sage ich Ihnen meinen besten Dank. Das Manuskript Max Schultzes ist bereits durch meine Hände in die Druckerei gewandert. Am Bogen 5 (Knorpel) habe ich mir erlaubt, die Angabe Bubnoffs einzufügen, dass Osmiumsäure die von ihm beschriebenen Zeichnungen sichtbar macht. Bogen 6 habe ich noch nicht abgesendet, da ich den Schluss Ihres Aufsatzes abwarte. Sehr gerne möchte ich da einige, wenn auch unbedeutende, stilistische Härten mildern, die sich in dem übrigens ausgezeichneten Aufsatze nur spärlich eingeschlichen haben. Auch will ich die Angabe einfügen, dass den Knorpeln auch Gefäße zugeschrieben werden.

Die Abhandlungen Schultzes und Arnolds (glatte Muskel) werden jetzt der Reihe nach fertig gedruckt, was etwa vier Wochen in Anspruch nimmt. Dann kommen, um das erste Heft zu vollenden, noch quer gestreifte Muskelfasern. Über deren Untersuchung im polarisierten Lichte habe ich Brückes Manuskript längst in Händen, aber die eigentliche Muskelstruktur sollte Kühne schreiben, und nun teilt er mir mit, er könne nur die Nervenendigungen behandeln, die Struktur des Muskels selbst, glaubt er, würden Sie am besten machen. Ich bitte Sie daher, mir und dem Unternehmen noch die Freundlichkeit zu erzeugen, das rein Gewebliche der quer gestreiften Muskelfasern zu beschreiben. Ich darf, solange es möglich ist, nicht von dem Prinzipe abgehen, nur solche Autoren zu wählen, welche in dem zu beschreibenden Gewebe gearbeitet haben. Ich weiß nun auch, dass Sie in drei Wochen das Nötige aus Ihrem einmal vorhandenen Wissen niederschreiben. An der Muskelstruktur lässt sich doch in der Eile kaum etwas Neues schaffen. Die Entwicklung können Sie berühren oder sagen, sie werde in der Histiogenese berücksichtigt werden.

Wenn Sie mir diese Gefälligkeit nicht erzeugen, wird zwar das Heft auch erscheinen. Nachdem ich zwei solche Aufsätze habe wie den Ihrigen und den von Schultze, ist es würdig ausgestattet, aber ich müsste die Muskeln selbst schreiben und das möchte ich sehr ungern. Wollen Sie allenfalls zur Orientierung Brückes Manuskript, will ich es Ihnen senden. Ich bitte Sie um eine baldige Antwort.

Ihr ergebener

S. Stricker

L.405 *R.340

1868 VIII 28, Ischl

Lieber Bruder!

Ich danke Dir herzlich für Deinen Brief, welchen ich heute erhalten habe. Leider musste er mir den Unfall des Vaters melden. Es ließe sich viel darüber sagen, doch davon mündlich.

Am meisten ärgere ich mich über den Kutscher, der gewiss große Schuld daran hat. Ich danke dem Himmel, dass es so abgelaufen ist. Dass ich Deinen Brief in Zürich nicht erhielt, beruht auf dem von Dir schon entdeckten Missverständnis, wir werden den Brief nach Wien reklamieren.

Der Verlauf meiner Reise hat sich etwas geändert, d.h. ich habe mein Lumpenleben um einige Tage verlängert. Sicher komme ich aber die ersten Tage [im] September nach Graz.

In Salzburg traf ich Lang. Er war schon nach Ischl instradiert, um nun mit ihm, der auch im Salzkammergut bummeln wollte, zusammen zu sein, ging ich auch nach Ischl. Dort besuchten wir Pfann, hielten einen Ruhetag, dann bestiegen wir am anderen Tag die Hütteneckeralm mit schöner Fernsicht auf den Dachstein, am nächsten Tag gingen wir nach St. Wolfgang über den See nach Türweg, von da zu Fuß nach Schärfling, von hier über den Mondsee nach Mondsee, dort besuchte Lang die Littrows, ich mit ihm. Am nächsten Tage bestiegen wir den Schafberg, blieben dort über Nacht. Heute morgens genossen wir von dort das schöne Panorama und langten um 11:00 Uhr wieder in Ischl an. Daselbst sind nun auch Tomascheks und heute Abend treffen auch Schauenstein und Frau, die inzwischen in Ischl waren, aber nach Weißenbach pilgerten, wieder hier ein.

Wahrscheinlich gehe ich mit ihnen über Aussee nach Graz. Wann weiß ich noch nicht, bis dahin ist meine Adresse Gasthaus Stern, Ischl, dorthin kannst Du mir schreiben, was nach meinem Abgange eintrifft, lasse ich mir nachschicken.

An Stricker schreibe ich. Der soll alles nach Graz senden. Auch nach Baden schreibe ich heute oder morgen. Grüße Rindfleisch. Lebe wohl, Dein

Alexander

L.406 *R.341

1868 VIII 29, Wien

Geehrter Herr Professor!

Heute sind die letzten Kolumnen Ihres Aufsatzes in erster Korrektur eingetroffen, ich muss dieselben aber liegen lassen, da ich mich auf einem Ausflug nach Pest begebe. Montag [31. August 1868] bin ich wieder hier, korrigiere und schicke die Korrektur an Sie, wenn ich inzwischen erfahre, dass Sie in Graz sind, wenn nicht, an Engelmann und Sie bekommen erst 2. Korrektur.

Ihr besonders ergebener

S. Stricker

L.407 *R.342

1868 IX 9, Aussee

Lieber Bruder!

Ich bin, seit ich Dir das letzte Mal geschrieben habe, noch viel gewandert und hatte leider keine Gelegenheit, Dir wieder einmal Bericht zu erstatten. Größtenteils waren Lang und Tomaschek meine Begleiter. Ich sah noch, indem wir von Ischl nach Weißenbach gingen, den Attersee, in demselben wurde gebadet, darauf gefahren etc.; dann sah ich die Langbathseen und den bekannten Gmundnersee, jedoch nur das Stückchen, welches von Ebensee aus sichtbar wird, nach Gmunden selbst gingen wir nicht.

Wir besuchten ferner die Gosau, die beiden Gosauseen, von welchen der erste eine unvergleichlich schöne Dachsteinansicht gewährt. Am Hallstättersee wurden Hallstatt und mehrere Punkte berührt.

Nach Aussee musste ich allein. Lang geht über Straßwalchen nach Wien. Tomaschek bleibt noch in Ischl. Gestern langte ich hier ein, besuchte den Altaussee, der eine fast noch schönere Dachsteinansicht bietet, als der erste Gosausee. Von Altaussee stieg ich über den Sattel zum Grundlsee, befuhr denselben und kehrte abends nach Markt Aussee zurück. Heute 22:30 Uhr nimmt mich der Eilwagen nach Leoben auf. Morgen früh bin ich in Graz. Endlich, wirst Du sagen. Ich bin auch schon froh. Ich werde etwa 8 Tage in Graz bleiben müssen, um dann länger noch in Wien und Baden sein zu können.

Auf baldiges Wiedersehen Dein

Alexander

L.408 *R.343

1868 IX 9, Wien

Lieber Bruder!

Da Du wahrscheinlich schon in Graz eingetroffen bist, so richte ich mein Schreiben direkt dahin. Ich bezwecke mit demselben eigentlich nichts weiter, als ein Lebenszeichen von mir zu geben, indem ich mir alles Weitere auf Deine baldigst zu hoffende Ankunft in Wien und Baden erspare. Mir und allen geht es ziemlich gut. Den Vater traf ich am letzten Sonntag mit einem Nasen- und Bronchialkatarrh behaftet, im Übrigen geht es ihm gut. Auguste und Denhardt sind, wie Du vielleicht schon weißt, in Baden und gedenken, ein paar Wochen hier zu bleiben. Außer diesem Brief sende ich noch einen zweiten nach Steiermark, jedoch nach Gleichenberg an Dr. Hansen in Angelegenheit einer Patientin. Auf baldiges Wiedersehen Dein

Emil

L.409 *R.344

1868 IX 11, Wien

Geehrter Herr Professor!

Ich erwarte mit Spannung eine Nachricht von Ihnen, da ich Bogen 6 und 7 nicht abschließen kann. Engelmann schreibt mir nicht, ob er Ihre Korrekturen gedruckt hat. Ich bitte Sie um Antwort.

Ihr ergebener

S. Stricker

L.410 *R.345

1868 IX 15, Wien

Geehrter Herr Professor!

Es tut mir recht leid, dass Sie die Muskelhistiologie nicht schreiben, aber ich muss Ihre Gründe billigen, und so will ich denn jedenfalls selbst an die Arbeit gehen, während ich noch einmal mit Kühne unterhandle. Denn an andere kann ich mich nicht leicht wenden, ohne die Partei zu verletzen, die doch, so wenig ausgesprochen auch die Farbe sein mag, in dem Buche vertreten ist.

Ich bitte Sie, die ersten Bogen rasch druckfertig zu machen, da sich Engelmann beklagt hat.

Das Wort Olinat ist mir leider nicht bekannt. Ob es nun ein Druckfehler ist, oder ob nur meine Unwissenheit daran schuld ist, in jedem Falle möchte ich das Wort hinaus oder ergänzt erläutert haben.

Wenn Sie nach Wien kommen, werden Sie mir hoffentlich das Vergnügen machen, mich in meinem Laboratorium aufzusuchen. Ich habe Ihnen sehr Vieles über Blut zu demonstrieren, und es würde mich sehr freuen, mit Ihnen zu konferieren, bevor ich an die Öffentlichkeit gehe.

Es grüßt Sie bestens Ihr ergebener

S. Stricker

L.411 *R.346

1868 IX 19, Graz

Lieber Bruder!

Ich mache Dir in Kürze zu wissen, dass ich heute mit dem Abendpostzuge hier abgehe und daher morgen, den 20. September, in Baden eintreffen werde. Leider konnte ich nicht früher. Erst heute habe ich die Übergabe des Dekanates beendigt. Nun bin ich frei. Gott sei Dank.

Auf Wiedersehen Dein

Alexander

Lieber Vater!

Nach einer nicht sehr angenehmen Fahrt langten Pebal und ich glücklich in Graz an. Das Unangenehme der Fahrt bestand darin, dass unser Coupé voll von Offizieren war, die Pintscher mit vielen Flöhen mit sich führten. Aufrecht sitzen, nicht schlafen können und noch überdies fortwährendes Jucken und Kratzen gehört aber eben nicht zu den Annehmlichkeiten einer Nacht.

In Graz fand ich alles in der Ordnung, unsere Freunde und Bekannten munter und gesund. Pfefferkorn ist noch immer im finsteren Zimmer, befindet sich aber körperlich besser und ist gemütlich etwas gehoben.

Richard befindet sich wohl, ich besuchte ihn im Geschäfte. Sonntag war er wieder im Weingarten wie gewöhnlich.

Am Donnerstag begann ich meine Vorlesungen und werde mich nach und nach wieder damit anfreunden. Viel Vergnügen machen sie mir aber bis jetzt nicht. Wenn man nur Professor sein könnte, ohne Vorlesungen geben zu müssen. Studenten haben wir wieder genug. Neue wurden über 60 eingeschrieben.

Mit dem Dekanat bin ich nun Gott sei Dank völlig fertig; da Blodig heute morgens aus Wien zurückkehrte, um nunmehr als neuer Dekan fort zu amtieren.

Ich werde dafür wieder in meinem Laboratorium hausen können und freue mich auf die frühen Stunden ruhigen und vergnügten Arbeitens, das Schönste, was die Stellung eines theoretischen Professors mit sich bringt.

Auguste und ihr Gemahl sind wahrscheinlich auch schon heimgekehrt, ich werde nächstens an Denhardt schreiben; aber noch eher Nachrichten aus Baden, um welche ich gelegentlich bitte, abwarten. Sind die Photographien gut ausgefallen und wann werde ich meine erhalten? Richard hatte eine große Freude, als ich ihm die Photographie der Mutter übergab. Endlich einmal eine gute, rief er aus. Er glaubte, ich müsste als Gegenstück auch Dein Brustbild mitgebracht haben, was ich zu meinem eigenen großen Bedauern aber nicht konnte. Wir bitten aber recht sehr um ein baldiges gelungenes Brustbild.

War das schließliche Ergebnis der Weinlese ein befriedigendes, und haben die Leserinnen nicht zu viel genascht? Hier gibt es Trauben in Menge und Alles ist von dem guten Weinjahre sehr erbaut.

Morgen fangen auch schon wieder Rigorosen an und werden nun einige Zeit fortdauern, kurz die schönen Tage sind vorüber und es heißt wieder unter das Joch. Dir, lieber Vater, welcher Du das Joch Deines Berufes nun immer weniger drückend fühlest, wünsche ich einen angenehmen Herbst. Möge es Dir gefallen, einen Ausflug, wie Du Dir ja selbst [...] vorgenommen hast, zu machen. Ich würde mich glücklich schätzen, Dich in Graz zu sehen, und Dich gewiss nicht mit Spaziergängen plagen.

Handküsse an Dich und die gute Mutter. Grüße an Alle. Dein

Alexander

L.413 *R.347

1868 X 14, Graz

Lieber Bruder!

Wir haben an 60 neue Studenten eingeschrieben. Die Frequenz ist darnach wieder etwas gestiegen, da wenigstens bis jetzt nicht so viele Abgangszeugnisse verlangt wurden.

Meine Vorlesungen habe ich gestern vor vollem Auditorium begonnen. Heute habe ich schon Nr 2 überstanden und werde endlich wieder heimisch werden.

Graz ist das alte. Frau von Kienzl war sehr erfreut, mich wieder zu sehen. Samstag brachte ich den Abend dort zu. Von Dir wurde viel und drastisch gesprochen, z.B. Fr[au] v[on] Kienzl: Rollett! Kommt Ihr Bruder nicht bald nach Graz? Ich: Er hat mir versprochen zu kommen, ob er aber bald kommt, das fragt sich leider. F[rau] v[on] Kienzl: So hätten Sie ihm zugeredet, dass er bald kommt. Ich: Gnädige Frau, warum interessieren Sie sich denn für sein baldiges Kommen gar so sehr? Fr[au] v[on] Kienzl: Weil ich ihn gern hab’ und er mir gfallt. Und so ging es weiter.

Auch den Planers geht es gut. Herr v[on] Pfefferkorn ist noch im finsteren Zimmer, befindet sich aber entsprechend.

Ich selbst hatte leider wieder ein paar Tage Stockschnupfen. Machte aber die Erfahrung, dass es doch sehr gut ist, sich gleich zu halten, ich blieb zu Hause, fastete, machte kalte Waschungen und seit gestern ist mir wieder wohl. Ich glaube, das Mal ohne Bronchialkatarrh, der sonst immer den Schluss bildet, davonzukommen.

Bei meiner Ankunft in Graz fand ich hier ein Gerücht verbreitet, welches mir sehr unangenehm war. Überall wurde erzählt, dass ich einen Ruf nach Heidelberg hätte und ich selbst wurde auf das vielfältigste interpelliert. Ich konnte mir anfangs gar nicht erklären, woher das komme. Jetzt weiß ich wenigstens, dass Lippich, der Professor Mechanik im Joanneum, dasselbe aus Dresden mitbrachte. Aber auch so ist mir die Geschichte noch unverständlich genug. Was mag dort wohl beim Biertische gesprochen worden sein, um zu so unangenehmen Missverständnissen zu führen. Glücklicherweise verstummt die Sache, ohne in die Zeitungen zu kommen, wie leicht könnte man mich selbst für den Erfinder dieser Nachricht halten? Gott beschütze mich vor meinen Freunden.

Das ist so ziemlich alles, was ich Dir vorläufig zu schreiben weiß. Schreibe Du mir recht bald. Dein

Alexander

L.414 *R.348

1868 X 18, Wien

Hochgeehrter Professor!

Sie werden entschuldigen, wenn ich Sie für die Güte und Freundlichkeit, die Sie mir in Graz erwiesen, von hier aus mit einer Bitte belästige. Es ist bekannt, dass Sie ein intimer Freund des Herrn Professor Brücke – gegenwärtigen Dekanes – sind. Es würden daher einige Worte von Ihrer Seite als Empfehlung für mich von größtem Werte sein – sowohl beim Ansuchen um Befreiung von Kollegiengelde, dessen Zahlung mir durch das fortwährende Unglück zu Hause sehr erschwert ist, als auch bei Bewerbung um ein Stipendium dahier.

Ich möchte Sie also ersuchen, wenn es Ihnen nicht zu viel Zeit wegnimmt, mir diese Bitte zu gewähren.

In dieser Hoffnung zeichnet sich hochachtungsvollst Ihr ergebenster Schüler

Franz Waldner

L.415 *R.349

1868 X 22, Wien

Lieber Bruder!

Auch ich bin nun so ziemlich im Geleise. Meine Vorlesungen habe ich Dienstag begonnen, ich habe bis jetzt 9 Studenten als Zuhörer, die Stunde ist nach vielen Widerwärtigkeiten offiziell von 14:00–15:00 Uhr, d.h. im Index der Studenten, weil nur diese mit keiner obligaten kollidiert, faktisch aber von 14:15–15:15 Uhr, in der Zeit von 14:00–16:00 Uhr, in der es mir allein möglich ist, meine Vorlesungen zu geben, lesen Braun, Hebra, Billroth und andere, wodurch namentlich die Ausländer abgehalten werden. Ich denke vorläufig nicht weiter daran, mir mit Kursen eine größere Summe zu verdienen, sondern ich bin zufrieden, wenn ich ehrlich ein paar Kollegien lese, um meine Dozentur zu bewahren. Unlängst traf ich mit Prim[arius] Löbel zusammen, der mir sagte, er werde nun doch bald in das allgemeine Krankenhaus transferiert werden, auf die ehemalige Türk’sche Abteilung, dann werde seine jetzige Stelle im Konkurswege besetzt werden, also doch. Löbel schien die Sache sicher zu wissen. Ich werde also über kurz oder lang wieder als Petent im schwarzen Frack antichambrieren müssen und mich von Zweifel und Hoffnung abquälen lassen. An Frau von Kienzl, die sich in so liebenswürdiger Weise meiner erinnerte, richte meine besten Empfehlungen aus. Ich bedaure lebhaft, dass es mir nicht vergönnt ist, öfter ihre so anziehende und heitere Gesellschaft zu genießen. Auch Frl. Gusti und die Kleinen grüße ich vielmals – nächstens gedenkt der Vater nach Wien zu kommen und einige Zeit bei mir teils Ruhe, teils Zerstreuung zu suchen. Zu einer größeren Reise konnte er sich nicht entschließen, also möge er wenigstens einige Tage nach Wien kommen und der Praxis fernbleiben. Wann er kommen wird, weiß ich noch nicht bestimmt, da er noch einiges zu ordnen hat, namentlich den Kur- und Spitalsbericht.

Jedenfalls richte Deine Briefe an mich für die nächste Zeit so ein, dass sie auch der Vater lesen kann. Denn wenn der Vater bei mir verweilt und es käme ein Brief von Dir, den ich ihn nicht lesen ließe, er wäre gewiss sehr gekränkt. Ich begann diesen Brief während meiner Sprechstunde, musste aber um 13:00 Uhr abbrechen, schnell zum Speisen gehen und dann, wie ich es täglich mache, mit der Pferdebahn zur Vorlesung fahren. Heute haben sich wieder zwei Studenten inskribiert. Nun ist es Abend und ich eile, den Brief noch heute auf die Post zu bringen. Lebe recht wohl. Dein

Emil

L.416 *R.350

1868 X 27, St. Petersburg

Hochgeehrter Herr Professor!

Es fehlt mir an Worten, um Ihnen meinen Dank ausdrücken zu können. Ich bedaure sehr, dass ich Ihnen mit meiner Arbeit so viel Mühe verursacht habe.

Ich bitte Sie, mir das Manuskript nicht zuzuschicken. Nach einigen Wochen glaube ich mit meinen hiesigen Geschäften fertig zu sein; dann reise ich ab und – wenn Sie es mir erlauben wollen, noch einige Zeit bei Ihnen zu arbeiten – wahrscheinlich gerade nach Graz.

Separatabdrücke sind hier erhalten; ich habe schon Avis bekommen.

Indem ich Ihnen meinen herzlichsten Dank wiederhole, bleibe ich Ihr ergebenster

A. Golubew

Grüßen Sie Herrn Prof. Pebal und Herrn Dr. Ebner.

L.417 *R.351

1868 XI 2, Innsbruck

Lieber Freund!

Als Geschäftsführer der nächsten Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte zu Innsbruck 1869, beehre ich mich, an Dich die ergebenste Einladung zum Besuche dieser Versammlung zu richten.

Als guter Bekannter glaube ich, dieser Einladung die inständige Bitte beifügen zu dürfen, uns ja gewiss mit Deinem Besuche zu beehren, und zwar nicht bloß aus persönlichem Interesse, sondern weil ich wünschen muss, dass Österreich sich durch einen Mann von Deiner Bedeutung hier vertreten sehen möge.

Da Du hoffentlich im September 1869 Dir freie Zeit gönnst, so wirst Du den letzten Wunsch, der im Namen Österreichs – wie ich sagen zu dürfen glaube –, an den hervorragendsten jüngeren Vertreter der Physiologie gerichtet ist, vielleicht freundschaftlich beherzigen.

Dein Bruder hat schon halb zugesagt, und es wird mich freuen, so vortreffliche und liebenswürdige Freunde abermals hier begrüßen zu können.

Dass nach der im Sommer 1869 auszugebenden offiziellen Einladungskarte noch ein Mahnschreiben kommen wird, wirst Du mir gewiss entschuldigen.

Wenn Du kommst, so bringe auch andere. Verzeihe mir diese Unverschämtheit und genehmige die Versicherung meiner alten Zuneigung und Hochachtung. Dein

O. Rembold

L.418 *R.352

1868 XI 3, Bonn

Mein teurer Herr Kollege!

Das übersandte Manuskript ist in meine Hände gelangt und soll im 5. Bande, 1. Heft, erscheinen. Die Korrekturen sollen Sie zugesandt erhalten. Dr. Golubew bitte ich, mich zu empfehlen; nach dem, was Sie mir über den Inhalt des Manuskriptes mitteilen, welches ich noch nicht lesen konnte, ist ja kein Zweifel, dass die Resultate sehr mitteilenswert sind.

Es freut mich von Ihnen zu hören, dass Sie wieder gesund zu Hause angekommen sind. Ich war mit meiner Familie im Schwarzwald und bin auch recht befriedigt. Nun werden wir uns bald gegenseitig lesen in der demnächst erscheinenden Abteilung von Stricker. Ich bin auf Ihre Bindegewebsarbeit sehr gespannt, umso mehr als Sie mir während Ihrer Anwesenheit hier nur wenig von Ihren Ansichten mitgeteilt haben.

Oskar Schmidt, dem es hoffentlich gut geht, bitte ich, herzlich zu grüßen. Ich werde ihm auch nächstens schreiben. Leben Sie wohl, Ihr freundschaftlich ergebener

Max Schultze

L.419 *R.353

1868 XI 25, Wien

Geehrter Herr Professor!

Ich habe es selbst tief bedauert, dass ich nicht in der Lage war, Ihnen früher Nachricht zu geben. Es sind erst 8 Tage her, seit ich den letzten Strich zu dem ersten Heft getan, und ich erwarte täglich die Ausgabe. Heute habe ich endlich auch an Engelmann geschrieben, die Honorare auszuzahlen, und zwar an Ihre Adresse 225 Taler. Freiexemplare kann ich Ihnen zu meinem Bedauern nicht geben, da ich keine beanspruchen kann. Meinen Aufsatz über Blutkörperchen habe ich gestern an Pflüger geschickt und doppelte Korrekturbogen verlangt. Sobald dieser da ist, erhalten Sie ein Exemplar. Wie steht es doch mit dem Aufsatze Golubews? Eberth will nicht eher schreiben, als bis er diesen gesehen hat. Wie steht es endlich mit Ihrem Beitrage über das Blut?

Die Manuskripte von Recklinghausen ‚Lymphgefäße und Drüsen’, habe ich bereits zum Druck gegeben, dann liegt daselbst schon seit langer Zeit die Arbeit von F. E. Schulze über die Lungen. Im Übrigen lauten alle Zusagen günstig. Es wäre mir daher sehr erwünscht, auch von Ihnen etwas zu erfahren. Ich werde zwar drucken lassen, wie die Sachen kommen, da die Erfahrung gelehrt hat, dass die Korrektur lange Zeit in Anspruch nimmt und endlich doch eine gleichmäßige Abwicklung nacheinander nicht möglich ist.

Ich will folgendermaßen ordnen: Schweigger S. Herz, Eberth Blutgefäße, Recklinghausen wie oben, dann Blut von Ihnen. Bekomme ich Ihren Aufsatz in der Reihe, umso besser, wenn nicht, so lasse ich früher den Darmkanal drucken und ändere nachträglich die Paginierung. Ich hoffe, Sie erzeugen mir die Freundlichkeit und schreiben mir, nachdem meine Korrektur eingetroffen sein wird.

Bestens grüßend Ihr ergebener

S. Stricker

Wie sich Eberth zu verhalten hat, möchte ich allerdings früher wissen.

L.420 *R.354

1868 XI 30, Graz

Lieber Bruder!

Oft hat mich das Gewissen gedrückt, dass ich Deinen letzten Brief so lange unbeantwortet ließ, allein im Drange der Umstände ereignet sich so mancherlei.

Ich hatte wirklich viel zu tun. Im Kollegium ein Referat über Ministerial-Vorlagen in Betreff einer Zusammenlegung der Stipendien, wo die Stiftsbriefe das gestatten, um statt der kleinen nichtsnutzigen Bummelgelder, welche jetzt manchmal an Studierende als Stipendien verabreicht werden, lieber ausgiebige Unterstützungen einzelnen für ein besonderes Fach interessierten Studenten zuzuwenden, die mittels Preisfragen darum zu konkurrieren hätten. Wir pflichteten der Anschauung des Ministeriums bei, nur haben wir das Recht der Verleihung für die betreffenden Fakultäten in Anspruch genommen. Ein zweites Referat betraf die Einführung von Anticipandozahlungen der Kollegiengelder, die das Wiener Consistorium beantragt hat.

Wir konnten keinen Modus finden, welcher die Vereinigung dieser Maßregel mit der hier üblichen Befreiungsnorm gestattet hätte. Die Letztere muss aber laut Minist[erial]erl[ass] aufrecht erhalten bleiben. Da würde es Konfusion über Konfusion geben. Die Majorität hat sich daher gegen die Anticipandozahlungen erklärt.

Dagegen haben wir dem Vorschlag der Herabsetzung der Einhebungsgebühren von 5% auf 2% zugestimmt und noch überdies erklärt, dass wir auch die Letzteren für ungerechtfertigt halten. Bekanntlich werden nach dem Gesetz von jenen Gebühren die Kosten für das Kanzleipersonal bestritten.

Der Staat soll aber seine Beamten selber erhalten und nicht ausnahmsweise für einen bestimmten Zweck gerade das durch die Arbeit der Dozenten Erworbene höher besteuern als den Erwerb der übrigen Staatsbürger.

Von dem nach jenem Gebührenabzug Übrigbleibenden wird nämlich noch die allgemeine Einkommenssteuer eingehoben. – Im Laboratorium arbeitet Dr. Kutschin, Privatdozent aus Kasan. – Ich schicke heute eine Arbeit an Dr. Iwanoff, die mich auch sehr quälte. Ich habe sie mit Iwanoff gemacht, musste aber allein das Manuskript verfassen. Eine Menge Literatur war zu verdauen. Schwierige Zeichnungen musste ich selber machen. Wir wollen das Ding in Graefes Archiv publizieren. -

Von Stricker erhielt ich endlich am 25. d[ieses] M[onats] die Nachricht, dass das I. Heft seiner mikroskopischen Anatomie erscheinen wird. Das hat lange gedauert. Gleichzeitig erfreute mich die Nachricht, dass mir Engelmann nächster Tage 225 Taler Honorar auszahlen wird. Gott sei Dank wird gleich kapitalisiert. Weißt Du eine gescheite Verwendung?

War Vater, wie er sich vornahm, bei Dir? Ich habe oft daran gedacht und wäre gern mit Euch in diesem oder jenem Theater oder bei diesem oder jenem Bier gesessen.

Deine Kursschwierigkeiten ärgern mich sehr, nur ein bisschen jüdisch die Geschichte anpacken. Wie steht es mit dem Primariat? Vergiss nicht in Deinem nächsten Briefe diese Frage wieder zu berühren.

Rembold schrieb mir, dass Du halb und halb zugesagt hättest, nach Innsbruck zur nächsten Naturforscher-Versammlung zu kommen. Ich habe, aber erst heute, dasselbe getan.

Warum ist Breuer von Oppolzer wieder weg. Weisst Du, ob Dr. Cyon in Wien ist?

Wie lebst Du überhaupt, habt ihr wieder wissenschaftliche Abende, wie zu Beckers Zeiten.

Prof. Pebal ist seit einigen Tagen im Bette. Er hat sich den linken Hoden etwas gedrückt und eine kleine Entzündung mit Hydrocele acuta bekommen. Es wird aber bald glücklich vorüber sein. Gestern ging es ihm schon besser.

Bei Kienzl, Planer, Pfefferkorn [und] Richard alles entsprechend.

Bist Du mit Hansens zusammengekommen? Fr[au] v[on] Hansen hat mir auf ihrer Durchreise hier gesagt, sie würde Dich sehr gerne öfter bei sich sehen. Du wirst sie doch sicher besuchen, wenn Hansen bei Dir war.

Schreibe bald, es grüßt Dich Dein

Alexander

L.421 *R.355

1868 XI 30, Wien

Geehrter Herr Professor!

Mein Diener hat heute 225 Taler in Kassenscheinen unter Ihre Adresse aufgegeben. Auf der hiesigen Post wurde aber nur ein angeblicher Wert von 340 fl angeschrieben. Ich bitte Sie, für den Fall des Nichteintreffens mit dem beiliegenden Recepisse Nachfrage zu halten.

Ihr ergebener

S. Stricker

Engelmann wird Ihnen 10 Separatabdrucke und 1 Exemplar des ganzen Heftes zuschicken.

Anmerkung Auf der Rückseite befindet sich folgende Notiz von unbekannter Hand:

In dem erwähnten Briefe sind:

1 Stück á100 Taler
1 Stück á50 Taler
3 Stück á25 Taler
Zusammen225 Taler

Liebster Vater!

Oft hatte ich mir während des verflossenen Monates vorgenommen, Dir wieder einmal Nachricht von mir zu geben, allein immer wurde ich wieder daran verhindert.

Es gab Arbeiten für das Professoren-Kollegium und den akademischen Senat, meist in Folge von Ministerial-Vorlagen, so sollten zum Beispiel Anticipandozahlungen der Kollegiengelder eingeführt werden; ferner will das Ministerium die kleineren Stipendien zu größeren vereinigen, wo die Stiftsbriefe das nicht geradezu verbieten. Kurz, man verlangt von uns Vorschläge und Gutachten, ein Zeichen, dass man nun doch mit ernsthaften Reformgedanken sich trägt. Die erfreulichste [Reform] steht in sicherer Aussicht. Es sollen von Neujahr an alle Universitäten in Bezug der Gehalte der ordentlichen Professoren gleichgestellt werden. Das Gehaltsminimum beträgt 1600 fl und statt der bisherigen Dezennalzulagen werden Quinquenalzulagen von je 200 fl und zwar sechs solche eingeführt, so dass das letzte, also auch Ruhegehalt 2800 fl ö[sterreichischer] W[ährung] betragen wird. Du kannst Dir denken, dass diese für 1. Jänner 1869 zu erwartende Aufbesserung uns alle in große Freude versetzt. Ich bekäme, da ich schon fünf Jahre hier bin, 1800 fl Gehalt.

Um zu meinen täglichen Arbeiten überzugehen, ist zu erwähnen, dass ich auch heuer einen Russen, Dr. Kutschin aus Kasan, im Laboratorium zu leiten habe. Sonst geht alles wie früher. Nächster Tage werde ich Dir ein kleines Opus vorlegen. Es ist ein Abdruck meiner für das von Professor Stricker herausgegebene Lehrbuch der mikroskopischen Anatomie gelieferten Arbeit.

Unseren Bekannten hier geht es gut. Nur Pebal war ein paar Tage unwohl, heute ist er wieder auf. Pfefferkorn ist zwar nicht geheilt, sein Zustand ist aber jetzt stationär. Mit Lesen oder feinen Arbeiten wird er sich kaum mehr beschäftigen können. Er sieht aber, so dass er größere Buchstaben noch ausnimmt. Er geht aus. Frau von Pfefferkorn hat mich vor ein paar Tagen mit Entsetzen von seinen Streichen unterrichtet. Trotzdem, dass sie ihm alles Geld und seinen Hut versteckt hatte, damit er nicht ins Bad gehe, wie er durchaus wollte, ist er ihr doch durchgegangen und hat gebadet. Das Geld hat er vom der Köchin zu leihen bekommen, statt den Hut hat er die Kappe aufgesetzt. Es wäre schrecklich, wenn es üble Folgen gehabt hätte, das war aber Gott sei Dank nicht der Fall, und darum wird nur die Frau von Pfefferkorn wegen ihrer Maßregeln ausgelacht. Mit Richard und Frau von Rotsch, ihrer Schwester und ihren Nichten war ich am Sonntag vergangener Woche im archäologischen Kabinett als Cicerone.

Mit Bedauern erfuhr ich aus Deinem Brief an Richard, dass Du Deine Beschwerden erst in jüngster Zeit etwas losgeworden bist. Ich danke Gott, dass Du Dich aber nun besser fühlst. Warst Du bei Emil? Und hast Du von Wien etwas profitiert?

Mit vielen Handküssen an Dich und die gute Mutter und Grüße an Alle, Dein

Alexander

L.423 *R.356

1868 XII 5, Wien

Lieber Bruder!

Ich danke Dir für Dein Schreiben vom 30. November und sende Dir hiermit die Antwort auf einige darin vorkommende Fragen. Mein Befinden ist ein ziemlich gutes, nur leichtere rheumatische und katarrhalische Affektionen stellen sich zeitweise ein. Ich habe in dieser Woche einen zweiten Kurs begonnen, von 14:00–15:00 Uhr, sodass mir nur wenig Zeit bleibt, um eiligst mein Mittagmahl zu verschlingen. Zuhörer habe ich 13, darunter 2 Doktoren. Im vorigen Kurs waren 14 Zuhörer, darunter auch nur ein russischer Doktor. In den vergangenen Tagen war ich mit Lesen und Schreiben ziemlich angestrengt, da ich aufgefordert wurde, das Referat über allgemeine Krankheiten für die medizinischen Jahrbücher, das sonst von Prof. Pissling geliefert, diesmal aber nicht eingeschickt wurde, in aller Eile wenigstens teilweise abzufassen.

Der Vater ist leider bis jetzt nicht dazu gekommen, einige Zeit in Wien zu bleiben. Einmal war es die Krankheit der Frau Bürgermeisterin, ein andermal die Krankheit anderer Leute, welche ihn hinderten, von Baden abzukommen. Ich warte also noch immer darauf, dass er endlich sein Vorhaben ausführt.

Ich gratuliere Dir zu Deiner Engelmannschen Aquisition, bin aber nicht imstande, eine gescheite Verwendung angeben zu können. Ich habe selbst noch mein Bargeld in der Pfandleihanstalt liegen, was schwerlich die gescheiteste Verwendung sein dürfte. Was ich Dir neulich noch nach einer Mitteilung Löbels von dem vakanten Primariate erzählte, erscheint doch nur eitel Lug und Trug gewesen zu sein. Die Stelle Türks wird wahrscheinlich trotz der Gegenanstrengungen Helms aufgelassen und die Abteilung zerstückelt. Interessant ist, dass der ebenso schlaue als gewandte Prof. Stricker eine Eingabe an das Professorenkollegium richtete, worin er die Notwendigkeit betonte, dass man ihm als dem Professor für Experimentalpathologie ein paar Krankenzimmer zur Leitung und Verfügung stelle. Da nun auch Billroth und Oppolzer nach Vergrößerung ihrer Kliniken trachten und der Protegé Skodas, Dr. Schrötter, ein paar Zimmer für Kehlkopfkranke erwünscht, so ist es wahrscheinlich, dass die Türksche Abteilung diesen Bestrebungen zum Opfer fällt: Stricker ist seiner Sache gewiss und hat mich sogar schon eingeladen, künftig auch auf seinen Krankenzimmern zu dozieren. Breuer ist nach wie vor bei Oppolzer erster Assistent, jedoch Czerny kam zu Billroth und dafür Bettelheim zu Oppolzer. Ob Cyon in Wien ist, kann ich Dir nicht bestimmt mitteilen, ich glaube jedoch nicht. Ich habe erst aus Deinem Briefe erfahren, das Hansens in Wien sind. Ich habe also noch niemanden gesehen und gesprochen. Einen Besuch dort zu machen, ehe ich nicht dazu aufgefordert werde, scheint mir nicht schicklich.

Grüße mir die Grazer Bekannten und lebe recht wohl, Dein

Emil

1868 XII 10, Heidelberg

Hochgeehrter Herr Professor!

Nachdem ich Ihre Arbeit erhalten, telegraphierte ich sofort nach Berlin, mit der Anfrage, ob dieselbe nicht noch in das nächste zu erscheinende Buch des Archifs[sic] aufgenommen werden könnte. Aus der Antwort jedoch, die ich gestern von Dr. Leber erhielt, erfuhr ich, dass Graefes Archiv in diesen Tagen die Presse verläßt und dass folglich Ihre Arbeit nun erst in die nächste Lieferung eingerückt werden kann, die Mitte März zu erscheinen hat. Werden Sie nun damit einverstanden sein oder ziehen Sie es vor, Ihre Arbeit Max Schultze zu übergeben, dessen Archiv vielleicht früher erscheinen wird?

Wenn es Ihnen daran gelegen ist, meine Meinung über Ihren mir zugesandten Aufsatz zu wissen, so kann ich Ihnen, alle Komplimente bei Seite legend, nur freimutig eingestehen, dass diese unter unserem gemeinschaftlichen Namen zu erscheinende Arbeit gewiss zu den ansehnlichsten in der Anatomie des Auges gehören wird. Ich bin stolz darauf, Teil daran genommen zu haben; nichtsdestoweniger sehe ich aber deutlich ein, [dass] das schwierigste Stück Ihnen zugefallen ist, nämlich die Aufgabe, die Arbeit in jene klassische Form zu hüllen, sie mit jener feinen Kritik und detaillierter Kenntnis der Literatur zu schmücken – vermöge alles dessen es möglich ward, das rohe Material auf der gegenwärtigen Stufe der Bedeutung zu heben. So empfangen Sie denn meinen innigsten Dank für die gehabte Mühe, die ich noch doppelt schätze, weil sie in vollem Bewustsein dessen geschehen, dass immerhin ein Anteil an dem Ruhme, den Sie sich durch diese Arbeit erwerben, auch auf meinen schliechten Namen fallen wird.

Hinsichtlich des lig[amentum] pectinatum bei Fischen und Amphybien bin ich ganz Ihrer Meinung, dass es besser ist, dies vor der Hand wegzulassen. Dieses Kapitel kann später einmal genauer und eingehender ausgearbeitet werden und dann in Form einer Fortsetzung, die abeer durchaus nicht obligatorisch ist, erscheinen.

Was den Ziliarmuskel bei Menschen anlangt, so meine ich, dass man gut tut, nichts darüber in der vorliegenden Arbeit zu sagen, oder bloß Ihre Anmerkung stehen zu lassen, dass dieser Muskel sehr wesentlichen individuellen Schwankungen unterliegt.

In letzterer Zeit habe ich begonnen, mich da mit zu beschäftigen und bin schon auf einige interessante Fakten gestoßen.

Bei Neugeborenen existiert der Muskel bloß in rudimentärer Anlage; folglich entwickelt er sich hauptsächlich wärend[sic] des extrauterinen Lebens. Der spätere Entwicklungsgrad dieses Muskel ist sehr verschieden, je nach den Refraktionsverhältnissen des Auges und der Lebensweise. Bei Ausgewachsenen treten eigentlich zwei Typen dieses Muskels auf: a) Der Eine besitzt keine zirkuläre Fasern oder bloss Rudimente davon – dies ist bei starken Myopen der Fall; b) der Andere ist hauptsächlich aus zirkulären Fasern gestaltet, zu denen nur noch eine ziemlich dünne Schicht radiär gelagerter Bündel hinzukommt – dies ist bei ausgesprochen Hypermetropen der Fall. Die Muskeln der Mehrzahl aber, d.h. bei Individuen mittlerer Refraktion ist eigentlich ein gegenseitiges Zusammenfliessen dieser beiden Excentricitäten. Eine vollkommene Entwicklung beiderseitig ist der Muskel eines Emetropen.

Ich glaube nicht, dass diese meine Beobachtungen, wenn sie nur noch vollends bestätigt werden (und hiezu bedarf ich des Materials), ohne Einfluss auf die Theorie des Accomodationsmechanismus bleiben werden, umsomehr da Helmholtz seine Theorie bloss auf den einen derzeit bekannten meridionalen Muskel basiert. Die Entdeckung H. Müller konnte diese Theorie nicht um einen Haar breit ändern, während aus meiner Beobachtung diereckt[sic] folgt, dass der Muskel zur zur positiven Accomodation – es die Müllerschen Bündel sind.

Strickers Buch habe ich schon mit dem grössten Interesse durchlesen[sic]. Dieses sein Unternehmen wird effectiv von einem sehr grossen Nutzen für die Wissenschaft sein.

Ist Ihnen nicht die Ursache bekannt,wesshalb ich auf der Liste der Mitarbeiter im Strickerschen Buch gestrichen bin?

Einen freundschaftlichen Gruß von Prof. Becker. Das Ophthalmometer wird in Göttingen von dem Meierstein [Meyerstein] verfertigt.

Hochachtungsvoll Ihr ergebener

A. Iwanoff

1868 XII 17, [Graz]

Lieber Freund!

Über Deinen Wunsch habe ich die Herren Kollegen Schauenstein und Körner eingeladen, in das Komitee (puncto Lang) zu treten, wenn auch nur nominell, da über das Resultat wohl kein Zweifel walten kann. Sie haben beide eingewilliget, und ich bitte Dich, das Referat bis Dienstag zu beenden, um es in der Sitzung erledigen zu können. Lang überläuft mich in einem fort.

Herzlich grüßend Dir in Hochachtung ergeben Dein

Karl Blodig während eines langweiligen geburtshilflichen Rigorosums

L.426 *R.357

1868 XII 17, Wien

Geehrter Herr Professor!

Ich habe Ihnen schon in einem früheren Briefe mitgeteilt, dass der Aufsatz Blut nicht der erste der II. Lieferung ist, sondern es folgen: Kühne quergestreifte Muskel, Schweigg[er] Herzmuskel, Eberth Blutgefäße, Recklinghausen Lymphgefäße, W. Müller Milz. Es steht Ihnen nun frei, nach Eberth oder nach Recklinghausen oder gar nach Müller Blut setzen zu lassen. An die genannten Kapitel reiht sich Darmtraktus, der mit den Zähnen (Waldeyer) beginnt, sonst von Toldt, Verson, Klein und Basch zusammen gemacht werden [sic]. Hier war Detailarbeit notwendig. Nun folgt: Leber (Hering), Acinöse Drüsen (Pflüger), Pankreas (Kühne). Rechnen Sie dazu Schilddrüse (Verson), Thymus (Klein) und Nebenniere, für welche ich übrigens noch gar nicht gesorgt habe, so haben Sie einen Überblick über das zweite Heft und können sich nun am besten selbst die beiläufigen Raumgrenzen setzen. Ich möchte nicht gerne über einen Druckbogen hinaus. Sollten Sie zufällig die Nebenniere kennen und dieselbe beschreiben wollen, so würden Sie mich verbinden.

In der Muskelfrage wird ein Schüler von mir etwas mitteilen. Es wird da gezeigt werden, dass die Hansenschen konfusen Darstellungen auf Spiegelungen an den Grenzen der Haupt- und Zwischensubstanz ruhten und dass die Angelegenheit unverrückbar so steht, wie Sie und Brücke aufgefasst haben. Kühne scheint zu ähnlichen Resultaten gekommen zu sein. Nun wird er das Kapitel vollenden, die Muskelgenese muss ich aber für das IV. Heft lassen. Darüber werde ich noch ein anderes Mal sprechen.

Ich konzentriere meine Kräfte auf Blattertheorie und möchte mir daher offene Hand lassen, also alles ausgeben, was ich anbringen kann. Über Ihren Bindegewebsaufsatz allgemeines Lob. Ihre Angaben über Entwicklung der Fibrille werden aber angezweifelt. Ich muss mich selbst zu den Zweiflern zählen, indessen soll darüber die Zukunft entscheiden.

Für jetzt bitte ich Sie um eine freundliche Antwort und grüße Sie bestens, Ihr ergebener

S. Stricker

L.427 *R.358

1868 XII 25, Graz

Lieber Bruder!

Nur ein kurzes Schreiben erhältst Du hiermit. Ich werde am 31. Dez[ember] von hier nach Baden gehen und bis 4. Jänner etwa dort bleiben. In Wien sage vorläufig niemandem etwas.

Dagegen hoffe ich, dass Du am Sylvesterabend in Baden sein wirst und die Badener, welche ich überraschen will, auf mein Kommen vorbereiten kannst. Darunter verstehe ich, dass Du allen sagst, ich habe eine Ahnung, mir scheint, es kommt mir so vor usw. Nur mit einer von den Mädchen müsstest Du Dich ins Einvernehmen setzen, denn der Schnellzug, welchen ich benütze, kommt erst um 21:00 Uhr in Baden an. Wüsste nun wirklich keine Seele etwas, dass ich komme, so könnte durch das Suchen nach einem Bett etc. für mich der Abend bedeutend gestört werden. Wenn Du das Arrangement dieser Geschichte übernehmen willst und kannst, d.h. wenn Du am 31. nach Baden gehst, so brauchst Du mir auf diesen Brief, wenn Du mir nicht besonders Wichtiges mitzuteilen hättest, nicht zu antworten. Wohl aber würde ich Dich um eine Antwort bitten, wenn Du nicht nach Baden gehen könntest, denn dann müsste ich doch nach Baden selbst schreiben und meine Ankunft melden. Fr[au] v[on] Kienzl schwärmt noch immer von Dir, sie lässt es sich nicht nehmen, dass Du ein Fuchs bist, der mit ihrem Herzen durchgegangen ist.

Dein

Alexander

L.428 *R.359

1868 XII 26, Wien

Lieber Bruder!

Dein gestriges Schreiben hat mich nicht ganz unvorbereitet getroffen. Ich habe nämlich aus einer Äußerung des Prof. Lang, den ich vor einigen Tagen sprach, entnommen, dass Du Dich mit dem Plane trägst, uns einmal in den Weihnachtsferien mit einem Besuche zu erfreuen. Zu Hause hat aber niemand eine Ahnung, dass Du kommst. Ich habe den Heiligen Abend und den gestrigen Tag in Baden zugebracht. Für den Silvesterabend habe ich schon bei Schmidt zugesagt zu kommen. Da ich einen Kranken habe, den ich täglich abends besuchen muss, so konnte ich umso eher diese Zusage machen, als es mir nicht geraten schien, in so kurzen Zeiträumen zweimal mein Ausbleiben zu entschuldigen. Hätte ich übrigens früher etwas Gewisses gewusst, so hätte ich vielleicht ein anderes Arrangement getroffen. Nunmehr hoffe ich, Dich am Neujahrstage in Baden zu begrüßen. Du wirst also den Badenern zunächst eine briefliche Überraschung mit der Anzeige Deines Kommens machen müssen. Es freut mich, dass sich Frau von Kienzl öfters meiner erinnert. Denn auch mir hat diese lebenswürdige Frau mit ihrem aufrichtigen heiteren und freundschaftlichen Wesen eine sehr angenehme Erinnerung hinterlassen. Dieses gegenseitige veni vidi vici, diese Sympathie der Seelen hat etwas ungemein Erquickendes.

Ein herzliches Lebewohl von Deinem

Emil

L.429 *R.360

1868 XII 29, Wien

Geehrter Herr Professor!

Da mir sehr viel daran gelegen ist, mit der II. Lieferung bald in Ordnung zu kommen, so bin ich genötigt, Sie um Nachricht zu bitten. Erstens für den Aufsatz Golubews, welchen, wie Sie wissen, Eberth erwartet, und zweitens über Ihre eigene Arbeit.

Golubew wird Ihnen mitgeteilt haben, dass ich mich mit Mikrospektren befasse oder vielmehr befasst habe. Eine kleine Mitteilung darüber wird in Pflügers Archiv erscheinen.

Für Sie können daraus nur wenige Worte von Belang, wenn auch nicht sein [sic]. Frisches menschliches Blut zeigt unter dem Mikroskope die Hoppeschen Bänder. Es bedarf eines dauernden Stromes Kohlensäure (1 ½ bis 2 Minuten), um das Band von Stokes hervorzubringen, so wie aber der Strom aufhört, kehren die ersten Bänder wieder.

Nachdem ich früher ausgesagt hatte, dass die mikroskopische Untersuchung keinen Einfluss der Kohlensäure auf unverdünntes Blut eruieren lässt, muss ich jetzt hinzufügen, dass der Einfluss im Mikrospektrum wahrnehmbar ist. Es liegt daher nahe zu glauben, dass die Kohlensäure nicht das Stroma, sondern nur den Farbstoff verändert respektive reduziert. Da unser Buch ausgesprochenermaßen auch Physiologie der Gewebe behandelt, so werden Sie es vielleicht geraten finden, solche Momente aufzunehmen, wenn sie uns auch wenig mehr lehren, als wir aus makroskopischen Beobachtungen erfahren haben.

Im Übrigen nehme ich zugleich Veranlassung, Ihnen glückliches Neujahr zu wünschen. Ihr ergebener

S. Stricker